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Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

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So stürmten sie die Treppe zu <strong>de</strong>m Regimentschnei<strong>de</strong>r<br />

empor; e<strong>in</strong>er suchte <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren zu überholen, je<strong>de</strong>r wollte <strong>de</strong>r<br />

erste se<strong>in</strong>. Gleichzeitig zogen sie alle ihre Röcke aus; je<strong>de</strong>r wollte<br />

die Tressen zuerst aufgenäht haben.<br />

Der Regimentschnei<strong>de</strong>r hatte diesen Sturm auf se<strong>in</strong>e Handwerkstätte<br />

vorausgesehen und se<strong>in</strong>e Vorkehrungen getroffen.<br />

Schon nach e<strong>in</strong>er Stun<strong>de</strong> hatten sich alle Gefreiten auch äußerlich<br />

<strong>in</strong> Unteroffiziere verwan<strong>de</strong>lt. Nun galt es, sich bei <strong>de</strong>n Vorgesetzten<br />

zu mel<strong>de</strong>n und dann e<strong>in</strong>en Spaziergang durch die Stadt<br />

zu unternehmen.<br />

Der Soldat, <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>en neu beför<strong>de</strong>rten Unteroffizier zum<br />

ersten Male auf <strong>de</strong>r Straße grüßt, bekommt nach altem Brauch<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Armee e<strong>in</strong> Fünfzigpfennigstück. Der brave Musketier,<br />

<strong>de</strong>r ihnen nun begegnete, vom Trottoir herunterbog und die<br />

Hand an die Kopfbe<strong>de</strong>ckung legte, traute se<strong>in</strong>en Augen kaum, als<br />

er e<strong>in</strong> Geldstück nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren ausgezahlt erhielt.<br />

Der arme Bursche freute sich nicht schlecht, aber die Herren<br />

Unteroffiziere freuten sich noch viel mehr. Sie waren zum ersten<br />

Male als Vorgesetzte offiziell gegrüßt wor<strong>de</strong>n!<br />

Den Augenblick muß man selbst erlebt haben, um zu wissen,<br />

wie schön er ist.<br />

Die nächsten Tage wur<strong>de</strong>n damit verbracht, die Sachen wie<strong>de</strong>r<br />

an die Kammer abzugeben, wobei es für die Korporalschaftsführer<br />

viel zu tun gab.<br />

Nach<strong>de</strong>m die vor <strong>de</strong>m Ausrücken empfangenen Sachen gründlich<br />

gere<strong>in</strong>igt und gesäubert, geklopft und gebürstet waren, rückten<br />

die Korporalschaftsführer e<strong>in</strong>zeln mit ihren Leuten die vielen<br />

Treppen zu <strong>de</strong>r Kompaniekammer h<strong>in</strong>auf, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r e<strong>in</strong> Unteroffizier<br />

se<strong>in</strong>es Dienstes waltete. Damit niemand es wagte, das Heiligtum<br />

ohne ausdrückliche Erlaubnis zu betreten, war <strong>in</strong> <strong>de</strong>r geöffneten<br />

Tür e<strong>in</strong> großer schwerer Tisch aufgestellt, <strong>de</strong>n niemand<br />

unbemerkt beiseite schieben konnte. Der schützte auch zugleich<br />

gegen Unerlaubtheiten, <strong>de</strong>nn wenn die Leute selbst <strong>in</strong> die Kammer<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>kamen, dann tauschten sie wohl auch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en schlechten<br />

Gegenstand für e<strong>in</strong>en besseren aus. Der e<strong>in</strong>e klaute sich e<strong>in</strong>e neue<br />

Säbeltrod<strong>de</strong>l, weil se<strong>in</strong>e schmutzig war, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re benutzte die<br />

Gelegenheit, sich e<strong>in</strong>e bessere Feldmütze zu verschaffen. Sie taten<br />

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