Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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„Die Götter wollen es nicht, daß ich heute satt wer<strong>de</strong>,” klagte er.<br />
„Doch,” beruhigte Karl ihn, „<strong>de</strong>nke an das Wort: Geteilte<br />
Freu<strong>de</strong> ist doppelte Freu<strong>de</strong>. Ich gebe dir von mir ab.”<br />
So nahmen sie wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> Platz, rückten ganz dicht<br />
zusammen, stellten das Kochgeschirr zwischen sich h<strong>in</strong> und löffelten<br />
dann geme<strong>in</strong>sam — erst nahm Karl e<strong>in</strong>en Löffel voll, dann Fritz,<br />
und so g<strong>in</strong>g es weiter, bis nichts mehr da war.<br />
Das g<strong>in</strong>g nun viel schneller, als sie geglaubt hatten.<br />
„Bist du satt, Karl?” fragte Fritz. „Ich nicht.”<br />
Dem knurrte <strong>de</strong>r Magen auch noch. Trotz<strong>de</strong>m sagte er: „Du<br />
bist es; bil<strong>de</strong> es dir nur e<strong>in</strong>.”<br />
„Je<strong>de</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>bildung ist mir verhaßt,” gab Fritz zur Antwort.<br />
Aber es blieb ihm trotz<strong>de</strong>m nichts an<strong>de</strong>res übrig, als sich e<strong>in</strong>zure<strong>de</strong>n,<br />
er sei so satt, daß er beim besten Willen nicht e<strong>in</strong>en Bissen<br />
mehr essen könne. Er mußte or<strong>de</strong>ntlich auf sich e<strong>in</strong>sprechen, bis<br />
er es endlich glaubte, aber auch dann glaubte er es noch nicht.<br />
„Kochlöcher zuwerfen!” kam das Kommando.<br />
Die ausgehobenen kle<strong>in</strong>en Gräben wur<strong>de</strong>n zugeschüttet und<br />
die Er<strong>de</strong> so fest wie nur möglich gestampft. Dann wur<strong>de</strong>n die<br />
vom Feuer geschwärzten Kochgeschirre, so gut es g<strong>in</strong>g, mit Hei<strong>de</strong>kraut<br />
gere<strong>in</strong>igt, und danach hieß es: „An die Gewehre!” Die<br />
Übungen nahmen ihren Fortgang, um erst spät am Abend zu en<strong>de</strong>n.<br />
Im Kas<strong>in</strong>o erzählten dann alle von ihren Kochkünsten.<br />
Am schlimmsten war es <strong>de</strong>m Dicken gegangen. Se<strong>in</strong>e Kompanie<br />
hatte <strong>de</strong>n Auftrag, e<strong>in</strong> für <strong>de</strong>n Feldgebrauch bestimmtes<br />
Kochbuch, das vom Generalkommando versuchsweise ausgegeben<br />
wor<strong>de</strong>n war, auszuprobieren.<br />
Aber die Verfasser<strong>in</strong> mußte sich ihre Rezepte <strong>in</strong> ihrer Küche<br />
angesichts aller möglichen vorhan<strong>de</strong>nen Zutaten ausgedacht haben,<br />
<strong>de</strong>nn das Rezept, nach <strong>de</strong>m heute gekocht wer<strong>de</strong>n sollte, hatte mit<br />
<strong>de</strong>n Worten angefangen: „Man nehme e<strong>in</strong>ige Lorbeerblätter . . . ”<br />
So weit das Auge reichte, waren ke<strong>in</strong>e Lorbeerblätter zu ent<strong>de</strong>cken<br />
— man sollte sie nehmen, ohne zu wissen, woher.<br />
Man hatte gesucht und gesucht und nichts gefun<strong>de</strong>n. Schließlich<br />
hatte man ohne Lorbeerblätter gekocht, aber da man nicht<br />
wußte, wie das Gericht mit dieser Zutat geschmeckt hätte, war<br />
jetzt nicht festzustellen, ob das Essen gelungen o<strong>de</strong>r mißraten war.<br />
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