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Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

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Aber wenn die Vorgesetzten mit diesen Worten auch natürlich<br />

absichtlich übertrieben, um ihre Schüler anzuspornen, und wenn<br />

Leutnant von Dohlen auch <strong>de</strong>n <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen manchmal belustigt<br />

zurief, die Ermahnung <strong>de</strong>r Unteroffiziere nicht allzu wörtlich zu<br />

nehmen, so taten die Übungen doch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n ersten Tagen etwas weh.<br />

Aber das wur<strong>de</strong> durch die Freu<strong>de</strong>, Griffe üben zu können,<br />

wie<strong>de</strong>r aufgehoben, <strong>de</strong>nn solange sie das Gewehr noch nicht <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r Hand gehabt hatten, waren sie nur halbe Soldaten gewesen.<br />

Sehr bald entbrannte zwischen ihnen e<strong>in</strong> Wettstreit, wer von ihnen<br />

zuerst <strong>de</strong>n Griff können wür<strong>de</strong>.<br />

Nach <strong>de</strong>r Me<strong>in</strong>ung <strong>de</strong>s Sergeanten Bülle galt allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

hier das Wort: „Man lernt nie aus,” und obgleich er selbst wegen<br />

se<strong>in</strong>er schönen Griffe im ganzen Regiment berühmt war, so war<br />

es doch se<strong>in</strong>e feste Überzeugung, daß er noch viel zulernen müsse,<br />

um wirklich Vollkommenes zu leisten.<br />

Auch bei <strong>de</strong>n Griffen hatte <strong>de</strong>r dicke Schmidt mit <strong>de</strong>n größten<br />

Schwierigkeiten zu kämpfen, aber er ertrug auch das mit gutem<br />

Humor.<br />

„Bei Tempo e<strong>in</strong>s soll das Gewehr vor die Mitte <strong>de</strong>s Leibes<br />

geführt wer<strong>de</strong>n,” ermahnte ihn <strong>de</strong>r Unteroffizier, „aber nicht vor<br />

die Mitte <strong>de</strong>s Bauches. Ich habe gestern nochmals das Reglement<br />

daraufh<strong>in</strong> durchgelesen, aber von e<strong>in</strong>em Bauch steht <strong>in</strong> <strong>de</strong>m<br />

ganzen Buch nichts dr<strong>in</strong>. Den müssen Sie sich unbed<strong>in</strong>gt abgewöhnen,<br />

<strong>de</strong>r ist vollständig unvorschriftsmäßig und h<strong>in</strong><strong>de</strong>rt Sie<br />

außer<strong>de</strong>m an <strong>de</strong>r Eleganz und an <strong>de</strong>r Elastizität.”<br />

Auch das H<strong>in</strong>aufschieben <strong>de</strong>s Gewehres auf die Schulter machte<br />

ihm <strong>in</strong>folge se<strong>in</strong>er etwas unglücklichen Figur Schwierigkeiten und<br />

er mußte <strong>de</strong>swegen manchen Ta<strong>de</strong>l über sich ergehen lassen.<br />

Dann war er ganz zerknirscht, weil er se<strong>in</strong>e Sache gut machen<br />

wollte, aber wenn <strong>de</strong>r Dienst zu En<strong>de</strong> war, hatte er auch allen<br />

Kummer wie<strong>de</strong>r schnell vergessen. Nicht als ob er <strong>de</strong>n Ta<strong>de</strong>l<br />

etwa leicht nahm, aber ablegen konnte er se<strong>in</strong>e Fehler ja nur im<br />

Dienst selbst. Daß er über die Griffe nachdachte, hatte ke<strong>in</strong>en<br />

Zweck. Untugen<strong>de</strong>n kann man dadurch ablegen, daß man sich <strong>in</strong><br />

stillen Stun<strong>de</strong>n prüft und mit sich selbst zu Gericht geht; Ungeschicklichkeiten<br />

kann man aber nur durch Übung los wer<strong>de</strong>n, und<br />

so übte <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Dicke am fleißigsten von allen.<br />

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