Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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Flicken aufzunähen; das g<strong>in</strong>g so geschickt, daß Fritz e<strong>in</strong> ganz erstauntes<br />
Gesicht machte.<br />
„Ja, ja, da wun<strong>de</strong>rn Sie sich,” sagte <strong>de</strong>r Hauptmann leutselig,<br />
„aber ich b<strong>in</strong> doch für die ganzen Uniformen me<strong>in</strong>er Kompanie<br />
verantwortlich. Da muß ich bei je<strong>de</strong>m Appell, an <strong>de</strong>m die Sachen<br />
vorgezeigt wer<strong>de</strong>n, entschei<strong>de</strong>n können, ob sie gut o<strong>de</strong>r schlecht<br />
ausgebessert s<strong>in</strong>d, und ich muß auch angeben, wie es besser zu<br />
machen ist. Beim Militär muß sparsam gewirtschaftet wer<strong>de</strong>n;<br />
da muß je<strong>de</strong>r dafür sorgen, daß nichts Unnützes ausgegeben wird.”<br />
Nach etwa zehn M<strong>in</strong>uten erhob sich <strong>de</strong>r Hauptmann, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
an<strong>de</strong>res Zimmer zu gehen und um auch dort zu revidieren.<br />
Wie<strong>de</strong>r klang <strong>de</strong>r Ruf: „Achtung, aufstehen!” und von neuem<br />
sprangen alle <strong>in</strong> die Höhe. Erst als <strong>de</strong>r Vorgesetzte gegangen war,<br />
nahmen sie die Plätze wie<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>.<br />
„Sag mal, Karl, hast du das geglaubt, daß e<strong>in</strong> Hauptmann<br />
etwas vom Schnei<strong>de</strong>rn versteht?” fragte Fritz <strong>de</strong>n Freund, als er<br />
jetzt erneut die Arbeit aufnahm.<br />
Statt <strong>de</strong>s Freun<strong>de</strong>s gab <strong>de</strong>r Unteroffizier die Antwort. „Ich<br />
sage Ihnen, <strong>E<strong>in</strong></strong>jähriger, e<strong>in</strong> Hauptmann versteht mehr als<br />
mancher Schnei<strong>de</strong>r, aber er ist auch zugleich Sattler, Klempner<br />
und was weiß ich sonst noch alles. Und er muß es auch se<strong>in</strong>.<br />
Wissen Sie, was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kompaniekammer liegt? Bei <strong>de</strong>r nächsten<br />
Gelegenheit wer<strong>de</strong> ich Sie e<strong>in</strong>mal h<strong>in</strong>aufführen. Da s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong><br />
für je<strong>de</strong>n Mann fünf Anzüge, das s<strong>in</strong>d ungefähr tausend im ganzen,<br />
und dazu kommen noch die Mäntel, die Drillichanzüge, die Hem<strong>de</strong>n,<br />
die Unterhosen und dann alles, was zur Ausrüstung gehört:<br />
Zeltbahnen und Tornister, Her<strong>in</strong>ge, aber ke<strong>in</strong>e zum Essen, son<strong>de</strong>rn<br />
solche aus Holz, um die Zelte <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zu befestigen, Fettbüchsen<br />
und Kochgeschirre, Säbeltrod<strong>de</strong>ln und Mützen, Helme und Gewehre,<br />
Le<strong>de</strong>rriemen und Salzbeutel, Helmkokar<strong>de</strong>n und Tausen<strong>de</strong><br />
von Stiefelnägeln, Schnürschuhe und hohe Stiefel. Na, ich könnte<br />
Ihnen noch hun<strong>de</strong>rt an<strong>de</strong>re D<strong>in</strong>ge aufzählen. <strong>E<strong>in</strong></strong> Kompaniechef<br />
ist für alle diese D<strong>in</strong>ge verantwortlich und alles muß sich je<strong>de</strong>rzeit<br />
<strong>in</strong> ta<strong>de</strong>llosem Zustan<strong>de</strong> bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n.”<br />
Das alles war Fritz und Karl ganz neu und sie bekamen e<strong>in</strong>en<br />
gewaltigen Respekt vor <strong>de</strong>r Arbeitslast und vor <strong>de</strong>r Verantwortung,<br />
die auf <strong>de</strong>n Schultern e<strong>in</strong>es Hauptmannes ruhen.<br />
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