Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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nicht trocken, <strong>in</strong> die Stiefel kommen wir ganz sicher nicht h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>,<br />
und was dann, wenn uns nun auch noch die an<strong>de</strong>ren Sachen<br />
verregnen?”<br />
Aber was nützte alles Klagen. Man mußte e<strong>in</strong>sehen, daß <strong>de</strong>r<br />
Himmel genau so lange regnen läßt, wie er es für gut bef<strong>in</strong><strong>de</strong>t.<br />
Es goß <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Nacht, es goß am nächsten Morgen, es goß weiter<br />
bis zum Abend; es wur<strong>de</strong> nicht besser.<br />
Die Leute f<strong>in</strong>gen nun doch an, ihre gute Laune zu verlieren.<br />
Die Offiziere schalten auch nicht schlecht, <strong>de</strong>nn ihre Uniformen<br />
waren alle verregnet und die teuren Aufschläge vernichtet. Das<br />
kostete viel Geld, bis die Uniformen wie<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Ordnung waren.<br />
Die Sachen <strong>de</strong>r Mannschaften bezahlt ja <strong>de</strong>r Staat; <strong>de</strong>r Leutnant<br />
aber muß <strong>in</strong> die eigene Tasche greifen, e<strong>in</strong>erlei, ob die groß o<strong>de</strong>r<br />
kle<strong>in</strong> ist; er muß stets ta<strong>de</strong>llos aussehen.<br />
Zu<strong>de</strong>m holten sich bei <strong>de</strong>m Wetter sehr viele Leute e<strong>in</strong>e Erkältung.<br />
Von <strong>de</strong>n <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen war es Bellmann, <strong>de</strong>r so heiser<br />
wur<strong>de</strong>, daß er ke<strong>in</strong>en Ton mehr aus <strong>de</strong>r Kehle bekam.<br />
„Das hast du ja auch gar nicht nötig,” tröstete ihn <strong>de</strong>r Dicke.<br />
„Die Hauptsache ist, daß du die Töne auf diesem vollständig<br />
verstimmten Klavier noch f<strong>in</strong><strong>de</strong>n kannst. Danke <strong>de</strong><strong>in</strong>em Schöpfer<br />
auf <strong>de</strong>n Knien, daß du nicht als hohes C auf die Welt gekommen<br />
bist. Wenn du heute abend <strong>de</strong>n Leuten etwas vors<strong>in</strong>gen müßtest,<br />
dann hätten sie wenig Freu<strong>de</strong> an dir, aber zum Klavierspielen<br />
reicht <strong>de</strong><strong>in</strong>e Stimme ja wohl noch aus.”<br />
Bellmann wi<strong>de</strong>rsprach. Er re<strong>de</strong>te lebhaft auf <strong>de</strong>n Dicken e<strong>in</strong>;<br />
se<strong>in</strong>e Lippen bewegten sich fortwährend, aber er brachte ke<strong>in</strong>e<br />
laute Silbe hervor. Nur von Zeit zu Zeit gab er e<strong>in</strong>en Ton von<br />
sich, als ob er Rabe krächze.<br />
„Sehr hübsch,” me<strong>in</strong>te <strong>de</strong>r Dicke endlich. „Aber alles, was<br />
du eben sagtest, ist weidlich Uns<strong>in</strong>n. Daß ich nichts davon verstan<strong>de</strong>n<br />
habe, ist mir ke<strong>in</strong> Beweis für das Gegenteil. In me<strong>in</strong>er<br />
Brust regt sich aber trotz<strong>de</strong>m e<strong>in</strong> menschliches Mitleid mit dir;<br />
ich will dich sofort unter heiße Milch und Selterwasser setzen.<br />
Du sollst mal sehen, das wird dir gut tun. Wenn ich e<strong>in</strong> Aquarium<br />
hätte, wür<strong>de</strong> ich das vollaufen lassen und dich da h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>stecken.”<br />
Aber aus irgen<strong>de</strong><strong>in</strong>em Grun<strong>de</strong> mußte Bellmann gegen<br />
dieses Medikament e<strong>in</strong>e unüberw<strong>in</strong>dliche Abneigung haben. Bei<br />
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