Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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„Na, wart es erst mal ab, ob du beim Scharfschießen ebensoviel<br />
Glück hast,” rief <strong>de</strong>r dicke Schmidt.<br />
Fritz richtete sich stolz auf: „Tüchtigkeit ist ke<strong>in</strong> Glück!”<br />
„Nur nicht übermütig wer<strong>de</strong>n!” mahnten die an<strong>de</strong>ren, und<br />
Bellmann rief: „Wollen wir wetten, Fritz, daß es dir draußen<br />
auf <strong>de</strong>m Scheibenstand nicht ganz so gut geht wie heute morgen?”<br />
„Ich halte je<strong>de</strong> Wette,” rief Fritz kühn und streckte die Hand<br />
aus, damit <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re e<strong>in</strong>schlüge, aber Karl legte sich <strong>in</strong>s Mittel:<br />
„Uns<strong>in</strong>n, gewettet wird hier nicht, für so etwas haben wir alle<br />
ke<strong>in</strong> Geld übrig und außer<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r Dienst nicht dazu da, daß<br />
man über ihn Wetten abschließt. Da tut je<strong>de</strong>r se<strong>in</strong>e Pflicht, so gut<br />
er kann, und damit Punktum!”<br />
Die an<strong>de</strong>ren stimmten ihm bei, so war <strong>de</strong>r Fall vorläufig<br />
erledigt. Aber voller Ungeduld sah nun auch Fritz se<strong>in</strong>erseits <strong>de</strong>r<br />
Stun<strong>de</strong> entgegen, an <strong>de</strong>r er zum ersten Male scharf schießen sollte,<br />
bis es e<strong>in</strong>es Tages bei <strong>de</strong>r Paroleausgabe hieß: „Morgen früh<br />
von neun Uhr ab Schießen <strong>de</strong>r <strong>E<strong>in</strong></strong>jährig-Freiwilligen auf <strong>de</strong>m<br />
Scheibenstand.”<br />
Der Befehl bereitete allen Freu<strong>de</strong>, schon <strong>de</strong>shalb, weil sie jetzt<br />
das erste Mal praktisch beweisen konnten, was sie <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Theorie<br />
gelernt hatten. Außer<strong>de</strong>m bot das Schießen e<strong>in</strong>e neue Abwechslung<br />
im Dienst. Es war e<strong>in</strong>mal etwas an<strong>de</strong>res, als auf <strong>de</strong>m Kasernenhof<br />
o<strong>de</strong>r dr<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>de</strong>m großen Schuppen zu exerzieren, <strong>de</strong>nn die<br />
Tage waren jetzt schon bitterkalt. <strong>E<strong>in</strong></strong> paarmal hatte es über Nacht<br />
sehr stark gefroren, <strong>de</strong>n <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen waren die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Morgens<br />
beim Antreten zuweilen schon ganz steif gewesen, aber dann hatten<br />
die Unteroffiziere gemahnt: „Nur tüchtig die F<strong>in</strong>ger reiben und<br />
mit <strong>de</strong>n Armen schlagen, das br<strong>in</strong>gt das Blut wie<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Zirkulation.<br />
Luftheizung können wir hier draußen auf <strong>de</strong>m Kasernenhofe<br />
nicht e<strong>in</strong>führen. Und wenn Sie am Körper frieren, dann brauchen<br />
Sie nur or<strong>de</strong>ntlich Griffe zu üben und zu marschieren, dann sollen<br />
Sie mal sehen, dann schwitzen Sie bald wie im Dampfba<strong>de</strong>.”<br />
Alle sahen e<strong>in</strong>, daß die Unteroffiziere recht hatten, nur Bellmann<br />
schalt manchmal, daß man auf se<strong>in</strong>e Kunst nicht Rücksicht nehme<br />
und ihm nicht erlaube, beständig Handschuhe zu tragen. „Was<br />
soll ich später machen, wenn mir jetzt me<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>ger erfrieren?<br />
Dann kann ich anstatt <strong>de</strong>s Klaviers die Drehorgel spielen!” Aber<br />
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