Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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wor<strong>de</strong>n und hatte sich nun bei se<strong>in</strong>en Vorgesetzten zur Stelle<br />
gemel<strong>de</strong>t.<br />
„Das also ist <strong>de</strong>r Schießknabe?” fragte e<strong>in</strong> Leutnant, ihn<br />
betrachtend. „Für e<strong>in</strong> Wun<strong>de</strong>rk<strong>in</strong>d ist er etwas sehr lang geraten.”<br />
„Machen Sie ke<strong>in</strong>e Witze,ja!” sagte <strong>de</strong>r Hauptmann, se<strong>in</strong>en<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen <strong>in</strong> Schutz nehmend. „Das Witzemachen wird Ihnen<br />
nachher schon vergehen!” und auch <strong>de</strong>r Major mahnte die Herren,<br />
<strong>de</strong>n Schützen nicht zu beunruhigen.<br />
„Der läßt sich nicht beirren,” erwi<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r Hauptmann, dann<br />
wandte er sich an Bellmann: „Nun zeigen Sie mal, was Sie<br />
können. Blamieren Sie sich heute nicht, <strong>de</strong>nn sonst blamieren Sie<br />
auch mich, und ich verliere außer<strong>de</strong>m noch e<strong>in</strong>e wette <strong>in</strong> Gestalt e<strong>in</strong>er<br />
Bowle. Na, und <strong>de</strong>n Schmerz wer<strong>de</strong>n Sie mir doch nicht antun!”<br />
„Ne<strong>in</strong>, Herr Hauptmann, ich wer<strong>de</strong> schon was treffen.”<br />
Dann nahm er mit <strong>de</strong>m Gewehr <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hand die Schießstellung<br />
e<strong>in</strong>, während zugleich aus <strong>de</strong>r Anzeiger<strong>de</strong>ckung die große Scheibe<br />
hervorgeschoben wur<strong>de</strong>. Diese ist mit vierundzwanzig R<strong>in</strong>gen<br />
versehen, die im Abstand von fünf Zentimeter gezogen s<strong>in</strong>d und<br />
unten mit <strong>de</strong>r Nummer e<strong>in</strong>s anfangend bis zum Zentrum, also<br />
bis zu vierundzwanzig, aufsteigend, numeriert wer<strong>de</strong>n, um dann<br />
von da ab nach oben h<strong>in</strong> wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Zahl abzunehmen. Die<br />
höchste R<strong>in</strong>gzahl ist natürlich <strong>de</strong>r beste Schuß.<br />
Bellmann sollte, auf e<strong>in</strong>e Entfernung von hun<strong>de</strong>rtfünfzig<br />
Meter, stehend freihändig schießen, das Gewehr also nicht auf<br />
<strong>de</strong>n Zielbock auflegen. Schon hatte er <strong>de</strong>n Zeigef<strong>in</strong>ger gekrümmt,<br />
um abzudrücken, als er das Gewehr nochmals absetzte.<br />
„Aha, <strong>de</strong>r Kunstschütze muckt!” neckte e<strong>in</strong> an<strong>de</strong>rer Kompaniechef<br />
Bellmanns Hauptmann, und auch dieser wur<strong>de</strong> unwillkürlich etwas<br />
ängstlich, <strong>de</strong>nn daß se<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>jähriger, weil er se<strong>in</strong>es Schusses nicht<br />
sicher zu se<strong>in</strong> glaubte, noch e<strong>in</strong>mal absetzte, war noch nie dagewesen.<br />
So fragte er <strong>de</strong>nn: „Jungchen, was haben Sie <strong>de</strong>nn nur?”<br />
„Mir ist noch nicht gesagt wor<strong>de</strong>n, was ich treffen soll.”<br />
Das klang so selbstverständlich, aber zugleich so siegesgewiß,<br />
daß die Offiziere sich erstaunt ansahen; <strong>de</strong>r Herr <strong>E<strong>in</strong></strong>jährige schien<br />
nach ihrer Me<strong>in</strong>ung etwas an Größenwahns<strong>in</strong>n zu lei<strong>de</strong>n.<br />
„Na, erst treffen Sie überhaupt mal etwas,” sagte <strong>de</strong>r Major.<br />
„Das weitere f<strong>in</strong><strong>de</strong>t sich dann später.”<br />
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