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Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

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genug auf die F<strong>in</strong>ger sehen; das ist 'ne Schwefelban<strong>de</strong>. Na, wenn<br />

Sie mich mal brauchen, dann rufen Sie mich nur. Der Herr<br />

Hauptmann hat Ihnen absichtlich gera<strong>de</strong> diese Korporalschaft<br />

gegeben; wenn Sie ohne mich fertig wer<strong>de</strong>n, ist es natürlich um so<br />

besser. Selbst ist <strong>de</strong>r Mann — dieses Wort hat beim Militär noch<br />

mehr Gewicht als sonst.”<br />

So tat <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Dicke se<strong>in</strong>e Pflicht weiter. Er bemerkte es<br />

ansche<strong>in</strong>end gar nicht im m<strong>in</strong><strong>de</strong>sten, daß die Leute ihn zu reizen<br />

versuchten. Als aber e<strong>in</strong>es Nachmittags kurz vor <strong>de</strong>m Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Putzstun<strong>de</strong> e<strong>in</strong> Mann <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Stube an ihm vorüberg<strong>in</strong>g, die Mütze<br />

auf <strong>de</strong>m Kopf, die Pfeife im Mund und ihm <strong>de</strong>n Tabakrauch direkt<br />

<strong>in</strong>s Gesicht blies, da riß ihm <strong>de</strong>nn doch die Geduld.<br />

„Musketier Müller, kehren Sie zur Tür zurück, und dann gehen<br />

Sie noch e<strong>in</strong>mal an mir vorbei, die Mütze <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hand und die<br />

Pfeife ebenfalls. Was Sie sich da eben geleistet haben, ist e<strong>in</strong>e<br />

bo<strong>de</strong>nlose Unverschämtheit.”<br />

Der Mann zuckte die Achseln. „Ich kann doch nichts dafür,<br />

wenn <strong>de</strong>r Herr <strong>E<strong>in</strong></strong>jährige gera<strong>de</strong> da stehen, wo ich <strong>de</strong>n Rauch<br />

h<strong>in</strong>blase.”<br />

Der Dicke überhörte absichtlich diese freche Antwort.<br />

„Ich habe Ihnen befohlen, nochmals zur Tür zu gehen und<br />

dann nochmals an mir vorüberzukommen, ohne die Pfeife im<br />

Mund zu haben.”<br />

Der Müller machte se<strong>in</strong> frechstes Gesicht und zog umständlich<br />

se<strong>in</strong>e Uhr aus <strong>de</strong>r Tasche. Um fünf Uhr sollte die Putzstun<strong>de</strong> beg<strong>in</strong>nen;<br />

von da ab war <strong>de</strong>r Dicke erst offiziell <strong>de</strong>r Vorgesetzte. So betrachtete<br />

er <strong>de</strong>nn jetzt sehr aufmerksam das Zifferblatt. „Ist es <strong>de</strong>nn schon<br />

fünf?”<br />

Das unglückliche Verhältnis, daß die Gefreiten nur zeitweise<br />

Vorgesetzte s<strong>in</strong>d, hat schon oft Unheil angerichtet. Für <strong>de</strong>n Mann,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Ungehorsam begeht, ist es immer e<strong>in</strong>e bequeme Ausre<strong>de</strong>:<br />

„Ich wußte nicht, daß wir uns schon im Dienst befan<strong>de</strong>n,” und<br />

das Gegenteil ist dann zuweilen schwer zu beweisen.<br />

Auch <strong>de</strong>r Müller schien jetzt e<strong>in</strong>e ähnliche Ausre<strong>de</strong> gebrauchen<br />

zu wollen, aber das war <strong>de</strong>m Dicken <strong>de</strong>nn doch zu viel. Dröhnend<br />

schlug er mit <strong>de</strong>r Faust auf <strong>de</strong>n Tisch, daß <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re unwillkürlich<br />

e<strong>in</strong>en Schritt zurücktrat; dann herrschte er ihn an: „Wenn Sie<br />

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