29.10.2013 Aufrufe

Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ückwärts zu gehen. Hier kamen ke<strong>in</strong>e Vorgesetzten vorüber, vor<br />

<strong>de</strong>nen die Wache <strong>in</strong>s Gewehr treten und ihre Ehrenbezeigung<br />

erweisen mußte, hier gab es ke<strong>in</strong> Leben und Treiben auf <strong>de</strong>r<br />

Straße zu beobachten, hier erschienen ke<strong>in</strong>e Ordonnanzen o<strong>de</strong>r<br />

Zivilisten mit Wünschen und Anfragen; kurz, hier herrschte die größte<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>samkeit.<br />

Alle zwei Stun<strong>de</strong>n ließ <strong>de</strong>r Dicke se<strong>in</strong>e Wache antreten und<br />

<strong>de</strong>n Posten ablösen. Der kam dann nach kurzer Zeit mit <strong>de</strong>r Meldung<br />

zurück: „Auf Posten nichts Neues,” und eigentlich war die<br />

Meldung ganz überflüssig, <strong>de</strong>nn von se<strong>in</strong>em Platz am Fenster aus<br />

konnte <strong>de</strong>r Dicke die draußen auf und ab patrouillieren<strong>de</strong><br />

Schildwache, solange es noch hell war, ganz genau beobachten und<br />

wußte ebenso genau wie diese, daß sich nichts ereignet hatte.<br />

Die Mannschaften <strong>de</strong>r Wache spielten Skat. Trotz se<strong>in</strong>es<br />

Wi<strong>de</strong>rwillens gegen alles, was Karten hieß, hätte <strong>de</strong>r Dicke sich<br />

dieses Mal vielleicht doch an <strong>de</strong>m Spiel beteiligt, wenn die Diszipl<strong>in</strong><br />

und die Subord<strong>in</strong>ation, die immer aufrecht erhalten wer<strong>de</strong>n<br />

müssen, dies nicht verboten hätten. Dazu kam noch e<strong>in</strong>s: <strong>de</strong>r Zustand<br />

<strong>de</strong>r Karten. Solche Wachtkarten vererben sich, wenn auch<br />

nicht gera<strong>de</strong> von Generation zu Generation, so doch von e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Jahr</strong>gang zum an<strong>de</strong>ren, und da sie täglich stun<strong>de</strong>nlang benutzt<br />

und dann nicht gera<strong>de</strong> mit sehr sauberen Hän<strong>de</strong>n angefaßt wer<strong>de</strong>n,<br />

kann die Phantasie sich ungefähr, aber auch nur ungefähr ausmalen,<br />

wie die Karten tatsächlich aussehen.<br />

Die Leute spielten also Karten, <strong>de</strong>r Dicke aber las und döste<br />

o<strong>de</strong>r döste und las.<br />

Für acht Uhr abends hatte er sich se<strong>in</strong>en Putzer bestellt, <strong>de</strong>r<br />

ihm aus <strong>de</strong>m Kas<strong>in</strong>o <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Speisekorb das Essen br<strong>in</strong>gen sollte.<br />

Trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Dicke sich und se<strong>in</strong>en Magen sehr <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Gewalt<br />

hatte, fühlte er doch e<strong>in</strong>en großen Hunger, als die Uhr acht schlug<br />

und se<strong>in</strong> Putzer noch nicht da war. Die Mannschaften aßen bereits;<br />

von ihrem mitgebrachten Kommißbrot schnitten sie sich<br />

dicke Scheiben ab, bestrichen sie mit Butter o<strong>de</strong>r Margar<strong>in</strong>e, belegten<br />

sie mit Speck und bissen mit e<strong>in</strong>em Vergnügen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>,<br />

daß es e<strong>in</strong>e Lust war, es mitanzusehen.<br />

Da mußte man schon hungrig wer<strong>de</strong>n, wenn man es gar nicht<br />

war, und <strong>de</strong>r Dicke war es sehr.<br />

155

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!