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Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

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Alle lachten und zogen ihn mit Gewalt wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Stuhl<br />

zurück; dann re<strong>de</strong>ten sie auf se<strong>in</strong>en Hauptmann e<strong>in</strong>, <strong>de</strong>m <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen<br />

heute nachmittag freizugeben.<br />

„Herrschaften, ich täte euch ja gerne <strong>de</strong>n Gefallen,” erwi<strong>de</strong>rte<br />

<strong>de</strong>r Hauptmann, „aber ich b<strong>in</strong> doch für das Leben me<strong>in</strong>es <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen<br />

verantwortlich. Wenn ich ihn jetzt nicht fortschicke, dann<br />

laßt ihr ihn nicht eher wie<strong>de</strong>r los, bevor er sich nicht die Seele<br />

aus <strong>de</strong>m Leib gespielt hat. Jetzt ist es drei Uhr — wie lange<br />

wollt ihr ihn <strong>de</strong>nn noch hier behalten?”<br />

Zufälligerweise waren gera<strong>de</strong> heute nachmittag viele Offiziere<br />

dienstfrei; das konnte man ja gar nicht besser feiern, als<br />

wenn man möglichst lange hier im Kas<strong>in</strong>o <strong>de</strong>m schönen Klavierspiel<br />

zuhörte. So riefen sie <strong>de</strong>nn übermütig: „Na, sagen wir vorläufig<br />

mal bis um acht Uhr!”<br />

„Aber K<strong>in</strong><strong>de</strong>r!” rief <strong>de</strong>r Hauptmann erschrocken. „Das hält<br />

ja <strong>de</strong>r stärkste Mann nicht aus, fünf Stun<strong>de</strong>n lang zu spielen.<br />

Bellmann, was sagen Sie dazu?”<br />

Dieser freute sich, daß man ihm so lange zuzuhören wünschte,<br />

dann sagte er: „Nach fünf Stun<strong>de</strong>n, das ist allerd<strong>in</strong>gs etwas sehr<br />

reichlich, und ich weiß auch nicht, ob me<strong>in</strong> Repertoire so lange<br />

vorhält. Ich spiele zwar das meiste auswendig, aber trotz<strong>de</strong>m —”<br />

„Dann fangen Sie e<strong>in</strong>fach, wenn Sie fertig s<strong>in</strong>d, wie<strong>de</strong>r<br />

von vorne an,” rief e<strong>in</strong> Leutnant. „Wir s<strong>in</strong>d nicht so verwöhnt;<br />

wir hören das Gute lieber zweimal als gar nichts.”<br />

Die an<strong>de</strong>ren stimmten ihm lustig bei, und <strong>de</strong>r Hauptmann<br />

sah e<strong>in</strong>, je<strong>de</strong>r weitere Wi<strong>de</strong>rspruch war nutzlos, wenn er nicht gera<strong>de</strong>zu<br />

dienstlich wer<strong>de</strong>n wollte, was er natürlich zu vermei<strong>de</strong>n<br />

wünschte. So wur<strong>de</strong> Bellmann <strong>de</strong>nn von <strong>de</strong>m Nachmittagsdienst<br />

freigegeben und mußte immer weiterspielen, bis man ihm<br />

endlich gegen fünf Uhr erlaubte, vom Klavier aufzustehen.<br />

Aber auch dann mußte er ungefähr noch e<strong>in</strong>e Stun<strong>de</strong> mit<br />

<strong>de</strong>n Herren bei e<strong>in</strong>em Glas Bier im Kas<strong>in</strong>o zusammen sitzen und<br />

ihnen von se<strong>in</strong>em Studium und se<strong>in</strong>em anstrengen<strong>de</strong>n täglichen<br />

Üben erzählen. Es war <strong>de</strong>n meisten ganz neu, was sie da zu<br />

hören bekamen; daher zeigten sie für <strong>de</strong>n Wer<strong>de</strong>gang e<strong>in</strong>es<br />

Künstlers das größte Interesse.<br />

Als er endlich gegangen war, hatten alle <strong>de</strong>n Wunsch, ihn<br />

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