Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
volles Glas auf das Wachsen, Blühen und Ge<strong>de</strong>ihen <strong>de</strong>r Kameradschaft<br />
geleert.<br />
„Und morgen fällt nun die Entscheidung.”<br />
Damit hatte <strong>de</strong>r Dicke ganz unvermittelt das gesagt, was sie<br />
alle am liebsten beschäftigte. Gewiß, sie hatten zuvor aufmerksam<br />
zugehört, wenn e<strong>in</strong> Kamerad e<strong>in</strong> lustiges kle<strong>in</strong>es Abenteuer<br />
erzählte, aber im stillen hatten sie doch nur <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>en Gedanken:<br />
Erhalten wir morgen die Tressen? Wer<strong>de</strong>n wir Unteroffiziere?<br />
Niemand wußte es. Ke<strong>in</strong>er <strong>de</strong>r Offiziere, so freundlich sie<br />
sonst immer waren, hatte auch nur die leiseste An<strong>de</strong>utung gemacht;<br />
selbst Leutnant von Dohlen war nicht zu bewegen gewesen, etwas<br />
zu verraten. Und Genaues hätte er ja auch nicht angeben<br />
können, <strong>de</strong>nn die Entscheidung lag alle<strong>in</strong> beim Oberst.<br />
Die Aufregung, die sich aller bemächtigt hatte, war heute<br />
noch viel größer als damals, als es sich nur um die Knöpfe han<strong>de</strong>lte.<br />
Bekamen sie jetzt die Tressen, dann hatten sie die Gewißheit,<br />
es später zum Vizefeldwebel zu br<strong>in</strong>gen, und sie konnten mit<br />
e<strong>in</strong>iger Sicherheit auf <strong>de</strong>n Reserveoffizier hoffen.<br />
„K<strong>in</strong><strong>de</strong>r,” rief <strong>de</strong>r Dicke endlich, „was nützt es, daß wir uns<br />
fortwährend mit <strong>de</strong>rselben Frage quälen und pe<strong>in</strong>igen! Ich habe<br />
das Ja o<strong>de</strong>r Ne<strong>in</strong> schon so oft an me<strong>in</strong>en Knöpfen abgezählt,<br />
daß sie bereits ziemlich locker s<strong>in</strong>d. Um ganz genau zu erfahren,<br />
ob wir morgen beför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nicht, gibt es nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges<br />
Mittel.”<br />
„Und das ist?” riefen alle, auf das äußerste gespannt.<br />
„Wir müssen es abwarten.”<br />
Es hätte nicht viel gefehlt, so hätte <strong>de</strong>r Dicke wie<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m<br />
Tisch gelegen und se<strong>in</strong>e Prügel bekommen.<br />
Schließlich sahen aber auch die an<strong>de</strong>ren e<strong>in</strong>; es blieb ihnen<br />
wirklich nichts weiter übrig, als zu warten.<br />
Der nächste Mittag mußte ja die Entscheidung br<strong>in</strong>gen —<br />
und er brachte sie. Alle hatten die Tressen erhalten.<br />
Das war e<strong>in</strong> Jubel!<br />
Der erste Gedanke war, <strong>de</strong>n Eltern zu telegraphieren. Aber<br />
unmöglich konnten sie doch jetzt, da sie Unteroffiziere waren, mit<br />
<strong>de</strong>n Gefreitenknöpfen über die Straße gehen. Das war doch un<strong>de</strong>nkbar.<br />
190