Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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Nun erschien er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em phantastischen Kostüm auf <strong>de</strong>r Bühne,<br />
die Füße <strong>in</strong> weißen Turnschuhen, die Be<strong>in</strong>e und <strong>de</strong>n Oberkörper<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eng anliegen<strong>de</strong>n Trikot, um die Hüften e<strong>in</strong>en großen<br />
bunten Schal gebun<strong>de</strong>n. Wie er so dastand, von Kraft und Gesundheit<br />
strotzend, glich er eher <strong>de</strong>m Torero aus <strong>de</strong>r Oper Carmen<br />
als e<strong>in</strong>em Schlangenmenschen.<br />
Jubeln<strong>de</strong>r Beifall begrüßte ihn, <strong>de</strong>nn wegen se<strong>in</strong>er Figur und<br />
<strong>de</strong>r zahllosen Witze, die von ihm erzählt wur<strong>de</strong>n, kannte ihn e<strong>in</strong><br />
je<strong>de</strong>r im Bataillon. Nun waren sie alle begierig, wie er se<strong>in</strong>e<br />
Aufgabe als Schlangenmensch lösen wer<strong>de</strong>.<br />
Der Dicke trat an die Rampe vor, gab <strong>de</strong>r Musik, die e<strong>in</strong>en<br />
flotten Marsch spielte, das Zeichen zum Aufhören, und wandte<br />
sich dann an das Publikum: „Me<strong>in</strong>e sehr verehrten Herrschaften!<br />
Wie Sie mich hier sehen, habe ich die hohe Ehre gehabt, mich als<br />
Schlangenmensch vor <strong>de</strong>n höchsten und allerhöchsten Herrschaften<br />
<strong>de</strong>s In- und Auslan<strong>de</strong>s produzieren zu dürfen. Das ist zwar nicht<br />
wahr, aber wenn an<strong>de</strong>re Akrobaten das sagen, ist es zumeist auch<br />
nicht wahr; an<strong>de</strong>rseits wenn man es sagt, glaubt es vielleicht doch<br />
jemand. So habe ich erst <strong>in</strong> <strong>de</strong>r vorigen Woche vor <strong>de</strong>m König<br />
von, von — ach, wie hieß er doch gleich — na, das ist ja auch<br />
ganz e<strong>in</strong>erlei, auf je<strong>de</strong>n Fall habe ich vor ihm gearbeitet und b<strong>in</strong><br />
für morgen abend zu <strong>de</strong>m Fürsten von Pupplubski, o<strong>de</strong>r wie er<br />
sich sonst nennt, befohlen. Und wenn ich nun heute Ihnen me<strong>in</strong>e<br />
Kunststücke zeige, so ist das e<strong>in</strong>e große Auszeichnung für Sie.<br />
Ich beg<strong>in</strong>ne mit e<strong>in</strong>em Kunststück, das noch ke<strong>in</strong> leben<strong>de</strong>r Künstler<br />
vor mir ausgeführt hat und das mir auch ke<strong>in</strong>er nachmachen wird;<br />
ich wer<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Kopf stehen, das heißt, wenn ich es kann. Aber<br />
ich b<strong>in</strong> fest davon überzeugt, daß ich es nicht kann. Warum soll<br />
ich mich also da erst vor Ihnen blamieren? Ich wer<strong>de</strong> lieber auf<br />
e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> stehen, das ist noch viel schwieriger; da brauchen Sie<br />
nur <strong>de</strong>n Herrn Sergeanten Bülle zu fragen. Ich bitte jetzt um<br />
etwas Musik!”<br />
Aus se<strong>in</strong>en Worten hatten alle herausgehört, daß se<strong>in</strong> ganzes<br />
Auftreten auf e<strong>in</strong>en großen Ulk h<strong>in</strong>auslief; <strong>de</strong>r Dicke hatte sie<br />
alle mal wie<strong>de</strong>r h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gelegt, und sie freuten sich darüber, daß ihm<br />
das gelungen war. Hatte man bei se<strong>in</strong>er Re<strong>de</strong> schon gelacht, so<br />
nahm <strong>de</strong>r Jubel ke<strong>in</strong> En<strong>de</strong>, als er nun die e<strong>in</strong>fachsten Stellungen<br />
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