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Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de

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folgen, um halb fünf traten die Kompanien an; da hieß es also<br />

um halb vier aufstehen.<br />

Trotz <strong>de</strong>s Sommertages war es be<strong>in</strong>ahe noch dunkel, als Mutter<br />

Krause am nächsten Morgen Fritz und Karl weckte. Sie sprangen<br />

sofort aus <strong>de</strong>m Bett, <strong>de</strong>nn wie vieles an<strong>de</strong>re hatten sie beim<br />

Militär auch das schnelle Aufstehen gelernt. Das Herumliegen<br />

im Bett mit offenen Augen, die berühmten fünf M<strong>in</strong>uten, die<br />

man sich noch gönnt, ehe man die Decken von sich wirft, hatten<br />

sie sich schon längst abgewöhnt, <strong>de</strong>nn man schläft nur zu leicht<br />

wie<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>.<br />

So machten sie <strong>de</strong>nn schnell Toilette, und als sie dann <strong>in</strong> das<br />

Zimmer nebenan traten, stand dort schon das Frühstück bereit.<br />

Mutter Krause setzte sich zu ihnen und hielt ihnen e<strong>in</strong>e Abschiedsre<strong>de</strong>.<br />

„Ich müßte mir ja eigentlich wünschen, daß es Ihnen recht<br />

schlecht gehe, damit Sie e<strong>in</strong>sehen, wie gut Sie es bei mir haben.<br />

Aber ich will nicht so se<strong>in</strong> und wünsche Ihnen das Beste. Und<br />

wenn Sie Zeit und Lust haben, so schreiben Sie mir mal 'ne Ansichtskarte,<br />

obgleich ich die Karten, die es dort gibt, natürlich<br />

schon alle habe, <strong>de</strong>nn ich bekomme ja alle <strong>Jahr</strong>e welche. Na,<br />

schön ist die Gegend gera<strong>de</strong> nicht. Aber die Hauptsache ist ja auch,<br />

daß Sie da Platz für Ihr Gefechtschießen haben, und <strong>de</strong>n haben<br />

Sie da. Me<strong>in</strong> seliger Mann pflegte immer zu sagen: ‚Wenn man<br />

e<strong>in</strong>en Begriff davon bekommen will, wie groß Deutschland ist,<br />

dann braucht man nur mal auf <strong>de</strong>n Übungsplatz zu gehen.‛”<br />

„Da können wir uns also or<strong>de</strong>ntlich auslaufen,” me<strong>in</strong>te Karl,<br />

„und brauchen nicht wie auf <strong>de</strong>m Exerzierplatz alle halbe Stun<strong>de</strong><br />

kehrt zu machen, weil wir am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt angelangt s<strong>in</strong>d.”<br />

„Das brauchen Sie da nicht zu fürchten; nach <strong>de</strong>m, was ich<br />

mir habe sagen lassen, hat <strong>de</strong>r Platz überhaupt ke<strong>in</strong> En<strong>de</strong>. Ich<br />

me<strong>in</strong>e natürlich, was man so ke<strong>in</strong> En<strong>de</strong> nennt,” setzte sie h<strong>in</strong>zu,<br />

als Fritz und Karl über ihren unbeabsichtigten Scherz lachten,<br />

„und anstatt zu lachen, sollten Sie lieber noch schnell e<strong>in</strong>e Tasse<br />

Kaffee tr<strong>in</strong>ken und or<strong>de</strong>ntlich was essen; das ist viel gesün<strong>de</strong>r.”<br />

Mit herzlichen Hän<strong>de</strong>druck nahmen sie von Mutter Krause<br />

Abschied. Die war wirklich be<strong>in</strong>ahe gerührt. „So geht es mir nun<br />

je<strong>de</strong>s <strong>Jahr</strong>. Heimlich freue ich mich immer auf die Zeit, da me<strong>in</strong>e<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen fortgehen, <strong>de</strong>nn dann kann ich alte Frau auch mal<br />

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