Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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Und auch Fritz me<strong>in</strong>te: „Nach <strong>de</strong>m Gesicht, mit <strong>de</strong>m er davonlief,<br />
glaube ich nicht, daß er jemals wie<strong>de</strong>r kommt. Dicker, Dicker,<br />
was hast du da gemacht?”<br />
Aber <strong>de</strong>r ließ sich nicht beirren. „Was ich tat? Zunächst habe<br />
ich me<strong>in</strong>em Herzen e<strong>in</strong>mal Luft gemacht und zwar gründlich.<br />
Außer<strong>de</strong>m komme ich mir wie e<strong>in</strong> Arzt vor, <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>em sehr schwerkranken<br />
Patienten e<strong>in</strong> Radikalmittel verordnete. Der gute Martens<br />
macht jetzt, wenn ich so sagen soll, die Krisis durch. Entwe<strong>de</strong>r wird<br />
er ganz vernünftig o<strong>de</strong>r er geht zugrun<strong>de</strong>. Heute nacht wird er<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wohnung wie e<strong>in</strong> Wahns<strong>in</strong>niger auf und ab laufen und<br />
uns alle nach <strong>de</strong>m Pfefferland verwünschen, das übrigens gar nicht<br />
so häßlich se<strong>in</strong> soll, wie immer gesagt wird. Daß er vorh<strong>in</strong> so sehr<br />
lospolterte, gilt mir sogar als e<strong>in</strong> gutes Zeichen. Hätten me<strong>in</strong>e<br />
Worte ihn kalt gelassen, dann wür<strong>de</strong> ich an se<strong>in</strong>er Genesung<br />
zweifeln; so aber hoffe ich noch. Na, vorläufig b<strong>in</strong> ich nur begierig,<br />
mit welchem Gesicht er morgen zu Tisch kommt.”<br />
Aber er erschien überhaupt nicht, kam auch an <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n Tagen nicht, son<strong>de</strong>rn ließ sich das Essen durch se<strong>in</strong>en<br />
Putzer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Wohnung br<strong>in</strong>gen. Auf <strong>de</strong>m Kasernenhof schien<br />
er die an<strong>de</strong>ren Kamera<strong>de</strong>n nicht zu sehen, und wenn er e<strong>in</strong>em<br />
von ihnen auf <strong>de</strong>m Korridor begegnete, g<strong>in</strong>g er an ihm vorüber,<br />
ohne ihn zu grüßen.<br />
Fast e<strong>in</strong>e ganze Woche blieb <strong>de</strong>r Studiosus fort, dann betrat<br />
er am Sonntag zum ersten Male wie<strong>de</strong>r das Kas<strong>in</strong>o.<br />
Niemand nahm von ihm Notiz.<br />
„Ich möchte dich gern e<strong>in</strong>en Augenblick sprechen, Dicker.”<br />
Der machte se<strong>in</strong>e ta<strong>de</strong>lloseste Verbeugung. „Ich heiße Schmidt,<br />
Julius Schmidt — für Sie ‚Herr Schmidt‛.”<br />
Dem an<strong>de</strong>ren stieg das Blut <strong>in</strong> die Wangen, aber er wußte<br />
sich zu beherrschen. „Wenn ich Sie also e<strong>in</strong>en Augenblick sprechen<br />
dürfte —”<br />
„Wenn Sie glauben, daß die Aussprache irgendwelchen praktischen<br />
Nutzen hat, gewiß, sehr gerne.”<br />
Er g<strong>in</strong>g mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren <strong>in</strong>s Nebenzimmer, und nach kaum<br />
zehn M<strong>in</strong>uten kam er freu<strong>de</strong>strahlend zurück. „K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, es ist gekommen,<br />
wie ich sagte. Er hat es e<strong>in</strong>gesehen, daß die Kameradschaft<br />
doch mehr wert ist als das Pilsener Bier; er hat sich zu <strong>de</strong>r<br />
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