Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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die Vorgesetzten wür<strong>de</strong>n sie überhaupt nicht verstan<strong>de</strong>n haben,<br />
wie sie nur auf <strong>de</strong>n Gedanken kommen könnten, jetzt so etwas zu<br />
erbitten. So vergruben sie <strong>de</strong>nn ihre Wünsche, stürzten sich mit<br />
<strong>de</strong>m größten Diensteifer auf die sechsten Hosen und Röcke ihrer<br />
Mannschaften und sorgten dafür, daß diese, soweit es g<strong>in</strong>g, ta<strong>de</strong>llos<br />
<strong>in</strong> Ordnung waren. Auch sonst gab es viel zu tun, <strong>de</strong>nn dieses<br />
Mal wur<strong>de</strong> nicht nur <strong>de</strong>r Tornister gepackt. Von <strong>de</strong>n Kompaniekammern<br />
wur<strong>de</strong>n Sachen über Sachen ausgegeben und <strong>in</strong> große<br />
Kisten verschlossen, <strong>de</strong>nn wenn e<strong>in</strong> Regiment von etwa tausend<br />
Mann für drei Wochen ausrückt, dann gibt es viel mitzunehmen,<br />
da es sonst leicht geschehen kann, daß <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
ke<strong>in</strong>en Rock o<strong>de</strong>r ke<strong>in</strong>e Hose anzuziehen hat, o<strong>de</strong>r womöglich<br />
mit bloßem Kopf umherrennt.<br />
Die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen mußten packen. Sie hatten die Erlaubnis<br />
erhalten, e<strong>in</strong>en Koffer mitzunehmen,wur<strong>de</strong>n aber zugleich ermahnt,<br />
nur das Allernotwendigste mit sich zu führen.<br />
Aber schon das Allernotwendigste war nach ihrer Me<strong>in</strong>ung<br />
doch schon e<strong>in</strong>e ansehnliche Menge. Es gab ja viele D<strong>in</strong>ge, die<br />
man unbed<strong>in</strong>gt brauchte, und noch mehr Sachen, die man gerne<br />
bei sich hatte.<br />
Als nun aber e<strong>in</strong>es Nachmittags die Koffer abgeholt wur<strong>de</strong>n,<br />
um bereits am Abend verla<strong>de</strong>n zu wer<strong>de</strong>n, da am an<strong>de</strong>ren Morgen<br />
<strong>in</strong> aller Frühe das Regiment abrücken sollte, gab es auf seiten<br />
<strong>de</strong>r Feldwebel e<strong>in</strong>e be<strong>in</strong>ahe ausgelassene Heiterkeit.<br />
„Sie <strong>de</strong>nken wohl, <strong>E<strong>in</strong></strong>jähriger Köhler,” neckte ihn <strong>de</strong>ssen<br />
Kompaniemutter, „daß Sie die Primaballer<strong>in</strong>a o<strong>de</strong>r die Primadonna<br />
von <strong>de</strong>r Hofoper s<strong>in</strong>d, o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>er von <strong>de</strong>n neuen berühmten<br />
Tenören mit <strong>de</strong>m Hohen C <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Kehle, die immer <strong>in</strong> Begleitung<br />
von mehreren Personen reisen, damit die alle aufpassen, daß <strong>de</strong>m<br />
hohen C nichts passiert? Wenn solche Leute mit e<strong>in</strong>em <strong>de</strong>rartigen<br />
amerikanischen Riesenkoffer ankommen, <strong>de</strong>r ja be<strong>in</strong>ahe<br />
so groß wie e<strong>in</strong> Wolkenkratzer ist, dann will ich mir das gefallen<br />
lassen, aber auch nur <strong>de</strong>shalb, weil mich das nichts angeht.<br />
Aber wenn e<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>jährig-Freiwilliger mit solchem Riesengepäck<br />
ersche<strong>in</strong>t —”<br />
„Aber, Herr Feldwebel,” verteidigte Fritz sich, „ich bitte Sie,<br />
<strong>de</strong>r Koffer ist doch sehr kle<strong>in</strong>, nur e<strong>in</strong> Handkoffer.”<br />
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