Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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aber me<strong>in</strong>e Darbietungen gefallen, so bitte ich bald wie<strong>de</strong>r um<br />
Ihren geschätzten Besuch.”<br />
Dann begann er zu spielen und zu s<strong>in</strong>gen und es schien, als ob<br />
se<strong>in</strong> Repertoire unerschöpflich sei. Er kannte alle Lie<strong>de</strong>r, alle<br />
Couplets und begleitete se<strong>in</strong>en Gesang mit wirklich komischen<br />
Gesten und Bewegungen.<br />
Die Kamera<strong>de</strong>n kamen aus <strong>de</strong>m Lachen gar nicht heraus, nur<br />
Bellmann machte zuerst e<strong>in</strong> Gesicht, als sei dies e<strong>in</strong>e Entweihung<br />
<strong>de</strong>r heiligen Kunst. Dann aber konnte auch er sich <strong>de</strong>r Heiterkeit<br />
nicht enthalten und stimmte <strong>in</strong> das Lachen mit e<strong>in</strong>. Ja, schließlich<br />
setzte er sich an das Klavier, um <strong>de</strong>n dicken Schmidt zu begleiten,<br />
als dieser die verschie<strong>de</strong>nen Nationaltänze vorführen wollte.<br />
Mitten <strong>in</strong> das laute Lachen und Scherzen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> erklangen<br />
von <strong>de</strong>r Kaserne her die langgezogenen Töne <strong>de</strong>s Zapfenstreichs.<br />
„Ihr Füsiliere, geht zu Bett, <strong>de</strong>r Hauptmann hat's befohlen,”<br />
mahnte das Horn <strong>de</strong>s Spielmanns von <strong>de</strong>r Wache, <strong>de</strong>r da vorschriftsmäßig<br />
e<strong>in</strong> Viertel vor neun Uhr mit <strong>de</strong>m „Lockruf” beg<strong>in</strong>nt,<br />
um die <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Stadt bef<strong>in</strong>dlichen Soldaten daran zu er<strong>in</strong>nern,<br />
daß es Zeit ist, nach Hause zu gehen.<br />
Ganz erstaunt sahen sich die Kamera<strong>de</strong>n an. War es <strong>de</strong>nn<br />
wirklich schon so spät? Und vor allen D<strong>in</strong>gen, sollte man jetzt,<br />
um neun Uhr, schon zu Bett gehen? Sonst hatte man um diese<br />
Zeit noch gar nicht daran gedacht, sich schlafen zu legen; das<br />
hatte man <strong>de</strong>n jüngeren Geschwistern überlassen.<br />
„Ihr Füsiliere, geht zu Bett, <strong>de</strong>r Hauptmann hat's befohlen,”<br />
ertönte das Signal zum zweiten Male.<br />
Der Wirt erschien und mahnte zum Aufbruch: „Nur nicht am<br />
ersten Abend zu spät kommen, me<strong>in</strong>e Herren! Nur nicht nach<br />
neun Uhr auf <strong>de</strong>r Straße gesehen wer<strong>de</strong>n! Das kann für Ihre<br />
ganze Karriere die schlimmsten Folgen haben. Sie wer<strong>de</strong>n ja<br />
bald dauern<strong>de</strong>n Urlaub bekommen; dann können Sie <strong>de</strong>s Abends<br />
so lange bei mir bleiben, wie Sie wollen. Aber für heute wird's<br />
Zeit.”<br />
So griffen sie <strong>de</strong>nn schnell nach Mütze, Seitengewehr und<br />
Handschuhen und machten sich auf <strong>de</strong>n Weg. Nur die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen<br />
<strong>de</strong>s dritten Bataillons g<strong>in</strong>gen zur Kaserne, die an<strong>de</strong>ren suchten<br />
ihre Privatwohnung auf, um dort noch etwas zu lesen o<strong>de</strong>r noch<br />
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