Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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schwellung doch so groß, daß er fürchtete, am kommen<strong>de</strong>n Morgen<br />
ke<strong>in</strong>en Helm aufsetzen zu können, und daß er sich am ersten Tag<br />
<strong>de</strong>s Briga<strong>de</strong>exerzierens krank mel<strong>de</strong>n sollte, das kam ihm mehr<br />
als unerwünscht. Und <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mütze konnte er doch nicht ersche<strong>in</strong>en.<br />
Als er davon sprach, erzählte e<strong>in</strong> Kamerad von e<strong>in</strong>em Rittmeister,<br />
<strong>de</strong>r vor vielen <strong>Jahr</strong>en <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Geburtsort <strong>in</strong> Garnison<br />
stand. Der hatte <strong>de</strong>n Feldzug 1870/71 mitgemacht und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Reitergefecht so viele und so schwere Kopfwun<strong>de</strong>n erhalten, daß<br />
es ihm dauernd unmöglich war, an<strong>de</strong>rs als <strong>in</strong> <strong>de</strong>r leichten Feldmütze<br />
zum Dienst zu ersche<strong>in</strong>en. Die Pelzmütze, die <strong>de</strong>m Helm<br />
<strong>de</strong>r Infanterie entspricht, konnte er nicht mehr tragen. Er hatte<br />
<strong>de</strong>shalb daran gedacht, se<strong>in</strong>en Abschied e<strong>in</strong>zureichen, aber durch<br />
e<strong>in</strong>e beson<strong>de</strong>re Kab<strong>in</strong>ettsor<strong>de</strong>r hatte <strong>de</strong>r alte Kaiser Wilhelm ihm<br />
erlaubt, je<strong>de</strong>rzeit, bei allen Gelegenheiten vor allen Vorgesetzten,<br />
ja sogar vor se<strong>in</strong>em obersten Kriegsherrn, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mütze zu ersche<strong>in</strong>en,<br />
und hatte dadurch <strong>de</strong>n Mut <strong>de</strong>s tapferen Offiziers<br />
öffentlich anerkannt und geehrt.<br />
Bellmanns Befürchtung erwies sich als grundlos. Am nächsten<br />
Morgen war die Geschwulst fast ganz zurückgegangen, und wenn<br />
<strong>de</strong>r Helm auch etwas drückte, so konnte Bellmann doch <strong>de</strong>n Dienst<br />
mitmachen.<br />
Das Briga<strong>de</strong>exerzieren bestand eigentlich nur aus Gefechtsübungen,<br />
und schon nach fünf Tagen erfolgte die Vorstellung.<br />
Auch hier schnitt alles gut ab. Bei <strong>de</strong>r Kritik sprachen die höchsten<br />
Vorgesetzten ihre Überzeugung dah<strong>in</strong> aus, daß die Briga<strong>de</strong> bei<br />
<strong>de</strong>n jetzt beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong>n Manövern die Aufgaben, die an sie heranträten,<br />
je<strong>de</strong>rzeit glänzend lösen wür<strong>de</strong>.<br />
Nach <strong>de</strong>r Besichtigung gab es wie<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>en Ruhetag, aber<br />
da wagte es niemand, <strong>de</strong>n Schlaf <strong>de</strong>s Dicken nochmals zu stören;<br />
sie hatten an <strong>de</strong>n Erfahrungen vom letzten Male noch mehr als<br />
genug.<br />
Am nächsten Morgen begannen dann die Manöver. Da galt<br />
es Abschied nehmen von <strong>de</strong>r Stadt, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r man frohe Tage verlebt<br />
hatte. Aber es hieß auch Abschied nehmen von <strong>de</strong>m schönen<br />
Quartier, <strong>de</strong>nn was <strong>de</strong>r Truppe <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht bevorstand,<br />
das sollte — wie ihnen gesagt wor<strong>de</strong>n war — nicht allzu verlockend<br />
se<strong>in</strong>. Man kam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e arme Gegend, wo ke<strong>in</strong>e hohen<br />
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