Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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zuweilen so verstreut gewesen, daß viele sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten Wochen<br />
nur ganz flüchtig e<strong>in</strong>mal gesehen hatten.<br />
Aber sie vermochten <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Lokal ke<strong>in</strong>e stille Ecke zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n,<br />
<strong>in</strong> <strong>de</strong>r sie e<strong>in</strong> frohes Wie<strong>de</strong>rsehen feiern konnten. Das Gasthaus<br />
war von Offizieren aller <strong>Waffen</strong>gattungen überfüllt; e<strong>in</strong> paar<br />
Kellner liefen unermüdlich auf und ab und nahmen gewissenhaft<br />
je<strong>de</strong> Bestellung entgegen. Aber gebracht wur<strong>de</strong>n die Speisen<br />
trotz<strong>de</strong>m nie, <strong>de</strong>nn auf e<strong>in</strong>en solchen Massenbesuch war <strong>de</strong>r<br />
Wirt doch nicht vorbereitet.<br />
Nur Bier war noch vorhan<strong>de</strong>n, und das war ja auch schließlich<br />
die Hauptsache, wenigstens für <strong>de</strong>n Wirt, <strong>de</strong>nn an <strong>de</strong>n Getränken<br />
wird ja am meisten verdient; je weniger die Herren zu<br />
essen bekamen, <strong>de</strong>sto mehr wür<strong>de</strong>n sie sich an <strong>de</strong>n Getränken<br />
schadlos halten.<br />
Die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen wur<strong>de</strong>n bei ihrem <strong>E<strong>in</strong></strong>tritt mit lautem Hurra<br />
begrüßt. Man konnte sich sowieso kaum noch umdrehen; nun<br />
kamen noch neue Gäste h<strong>in</strong>zu, und vor allen D<strong>in</strong>gen schienen<br />
die sich ernstlich e<strong>in</strong>zubil<strong>de</strong>n, hier noch irgend etwas Eßbares vorzuf<strong>in</strong><strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>m Gedanken mußte man ja lachen. So zogen<br />
die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen <strong>de</strong>nn schnell wie<strong>de</strong>r weiter, um geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>en<br />
Marketen<strong>de</strong>rwagen zu stürmen. Der hatte aber auch schon fast<br />
ausverkauft; nur e<strong>in</strong> paar Wurstzipfel und etwas Käse war noch<br />
vorhan<strong>de</strong>n, außer<strong>de</strong>m aber noch sehr gute Margar<strong>in</strong>e. Brot gab<br />
es nicht mehr.<br />
„Wir können doch nicht die Margar<strong>in</strong>e mit Löffeln essen,”<br />
schalt <strong>de</strong>r Dicke; „das ist ja e<strong>in</strong>e gräßliche Vorstellung.”<br />
Aber wenn man hungrig ist, dann ißt man schließlich manches,<br />
was man sonst unbeachtet läßt, und so aßen die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen <strong>de</strong>nn<br />
auch <strong>in</strong> sich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, was sie an halbwegs eßbaren Sachen auftrieben.<br />
Man mußte, wie <strong>de</strong>r Dicke es nannte, nicht nur die<br />
Augen, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n Magen zudrücken. Aber alle wur<strong>de</strong>n<br />
satt, das war schließlich die Hauptsache.<br />
Abends um acht setzte sich <strong>de</strong>r Extrazug <strong>de</strong>s Regiments <strong>in</strong><br />
Bewegung. <strong>E<strong>in</strong></strong>e lange Fahrt stand bevor, aber man hatte nicht<br />
umsonst zwei Nächte im Biwak gelegen. Alle waren mü<strong>de</strong>.<br />
Vom Oberst bis zum jüngsten Musketier h<strong>in</strong>unter schlief das<br />
ganze Regiment bald fest e<strong>in</strong>, um erst wie<strong>de</strong>r zu erwachen, als<br />
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