Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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ähnlichen Worten wür<strong>de</strong>n dann auch diese zu ihnen sprechen, wie<br />
es eben Leutnant von Dohlen getan hatte. <strong>E<strong>in</strong></strong> Hurra auf <strong>de</strong>n<br />
Kaiser, e<strong>in</strong> erneutes Gelöbnis <strong>de</strong>r Treue wür<strong>de</strong> folgen, und dann<br />
war es aus — vorüber die schöne Zeit. Dann hieß es Abschied<br />
nehmen vom Regiment, von <strong>de</strong>r Garnison und von allen Kamera<strong>de</strong>n,<br />
die sie liebgewonnen, mit <strong>de</strong>nen sie Freu<strong>de</strong> und Leid<br />
geme<strong>in</strong>sam getragen hatten.<br />
Viel mehr Freu<strong>de</strong> als Leid — eigentlich nur Freu<strong>de</strong>.<br />
Immer stiller wur<strong>de</strong>n die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen; sie hatten lustig se<strong>in</strong><br />
wollen, und nun war es aus mit <strong>de</strong>m Lachen. Je<strong>de</strong>r h<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>en<br />
Gedanken nach, und alle dachten dasselbe.<br />
Da erhob sich plötzlich <strong>de</strong>r Dicke. Man sah ihm an, er bemühte<br />
sich, e<strong>in</strong> frohes Gesicht zu machen, aber recht gelang ihm das doch<br />
nicht.<br />
„Ich möchte e<strong>in</strong> paar Worte zu euch sprechen, K<strong>in</strong><strong>de</strong>r,” sagte<br />
er und fuhr dann, mit <strong>de</strong>m Versuch zu scherzen, fort: „Zunächst<br />
sei festgestellt, daß wir uns auf e<strong>in</strong>em ganz falschen Wege bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n.<br />
Anstatt vor Freu<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Häuschen zu se<strong>in</strong>, anstatt<br />
auf <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n herumzulaufen und e<strong>in</strong>en übermütigen Streich<br />
nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren auszuführen, sitzen wir hier und netzen fast gar<br />
unsere Taschentücher. Das ist aber e<strong>in</strong>es Mannes unwürdig.<br />
Schämt euch also, wie auch ich mich schäme!”<br />
Er nahm die Hän<strong>de</strong> vors Gesicht und wandte sich beschämt zur<br />
Seite. er tat das <strong>in</strong> so drolliger Weise, daß alle lachten.<br />
„Na ja,” sagte er, „so weit wären wir also glücklich. Und<br />
nach<strong>de</strong>m wir uns nun alle geschämt haben, will ich euch noch etwas<br />
sagen. Ich weiß, warum ihr im Grun<strong>de</strong> eures Herzens traurig<br />
seid, nämlich weil ihr e<strong>in</strong>en so ausgezeichneten Kamera<strong>de</strong>n zu verlieren<br />
glaubt, wie ich es euch war. Aber ihr verliert mich gar nicht,<br />
<strong>de</strong>nn, muß ich fragen, wozu gibt es Ansichtskarten und Briefbögen?<br />
Vor allen D<strong>in</strong>gen: Wozu gibt es e<strong>in</strong> Wie<strong>de</strong>rsehen? Und das<br />
wird kommen; ich verliere euch ebensowenig wie ihr mich o<strong>de</strong>r<br />
sonst e<strong>in</strong>en von <strong>de</strong>n Kamera<strong>de</strong>n. Kann e<strong>in</strong>er von uns <strong>de</strong>nn jemals<br />
diese geme<strong>in</strong>sam verlebte Zeit vergessen, selbst wenn er will?<br />
Hört unser Regiment auf zu existieren, nur weil wir ihm nicht<br />
mehr als aktive Soldaten angehören? Ich kann nur nochmals<br />
mit <strong>de</strong>m Brustton tief<strong>in</strong>nerster Überzeugung wie<strong>de</strong>rholen: wir<br />
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