Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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Die Aburteilung <strong>de</strong>s Erichsen, die e<strong>in</strong>e Woche später erfolgte,<br />
trug ihm drei Wochen Arrest e<strong>in</strong>.<br />
Der Dicke aber erntete für die Festnahme <strong>de</strong>s Ausreißers<br />
Lob und Anerkennung, und Sergeant Bülle hielt ihm<br />
noch e<strong>in</strong>e beson<strong>de</strong>re Re<strong>de</strong>. „Na, sehen Sie es nun endlich e<strong>in</strong>,<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>jähriger-Unteroffizier, daß die H<strong>in</strong><strong>de</strong>rnisbahn e<strong>in</strong>e segensreiche<br />
Erf<strong>in</strong>dung ist? Wie oft haben Sie die im stillen verwünscht!<br />
Nun gereicht Sie Ihnen gewissermaßen zu Segen, <strong>de</strong>nn ohne<br />
die affenartige Geschw<strong>in</strong>digkeit, die ich Ihnen im Vere<strong>in</strong> mit<br />
<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Unteroffizieren <strong>in</strong> himmlischer Engelsgeduld beigebracht<br />
habe, wäre Ihnen <strong>de</strong>r Erichsen entwischt und als blamierte<br />
Größe hätten Sie dann dagestan<strong>de</strong>n. Der Soldat darf alles, das heißt<br />
alles, was nicht verboten ist, und das meiste ist ja, Gott sei Dank,<br />
verboten, aber blamieren darf er sich nicht. Und daß Sie das nicht<br />
taten, das rechne ich mir zu me<strong>in</strong>em persönlichen Verdienst an, und<br />
<strong>de</strong>shalb wäre ich jetzt nicht abgeneigt, mit Ihnen e<strong>in</strong> Glas Bier zu<br />
tr<strong>in</strong>ken, aber natürlich auf me<strong>in</strong>e Kosten. Denn daß e<strong>in</strong> alter Unteroffizier<br />
sich von e<strong>in</strong>em jüngeren e<strong>in</strong>la<strong>de</strong>n läßt, das gibt es nur an<br />
Kaisers Geburtstag und an an<strong>de</strong>ren hohen militärischen Ehrentagen.”<br />
So hatte ihn <strong>de</strong>nn Sergeant Bülle e<strong>in</strong>gela<strong>de</strong>n, und daß<br />
selbst dieser Gestrenge mit ihm zufrie<strong>de</strong>n war, machte <strong>de</strong>n Dicken<br />
wirklich froh, <strong>de</strong>nn er wußte ja, Sergeant Bülle lobte aus Pr<strong>in</strong>zip<br />
nicht, weil das leicht so aussehen könnte, als sei e<strong>in</strong> Lob verdient. —<br />
In <strong>de</strong>n letzten Tagen war viel davon gesprochen wor<strong>de</strong>n, daß<br />
e<strong>in</strong> Alarm bevorstehe.<br />
Manche Gerüchte schwirrten durch die Luft. Niemand wußte,<br />
ob etwas Wahres daran sei; trotz<strong>de</strong>m lebten sie e<strong>in</strong>ige Tage <strong>in</strong><br />
<strong>de</strong>r Erwartung, je<strong>de</strong>n Augenblick könne das Signal ertönen, und<br />
wenn man irgendwo blasen hörte, fragte man sich unwillkürlich:<br />
„War das nicht Alarm?”<br />
Aber die Gerüchte mußten, wie schon oft, gelogen haben; es<br />
blieb alles ruhig. Die Vorgesetzten schienen viel weniger an e<strong>in</strong>en<br />
Alarm zu <strong>de</strong>nken als die Untergebenen, die sehr viel daran dachten,<br />
bis sie <strong>de</strong>n dummen Gedanken dann endlich ganz aufgaben.<br />
Auch <strong>de</strong>r heutige Tag war wie<strong>de</strong>r ruhig verlaufen. Der<br />
Spielmann hatte mit se<strong>in</strong>em Signal zum Zapfenstreich die letzten<br />
Säumigen aus <strong>de</strong>r Stadt geholt; alle waren schlafen gegangen.<br />
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