Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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<strong>de</strong>m Versuch, zu wi<strong>de</strong>rsprechen, gab er wahrhaft grausige Töne<br />
von sich und gestikulierte dazu mit bei<strong>de</strong>n Armen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Luft<br />
herum.<br />
„Mache hier nur ke<strong>in</strong>e Flugversuche,” sagte <strong>de</strong>r Dicke. „Seit<strong>de</strong>m<br />
wir <strong>de</strong>n lenkbaren Luftballon haben, ist das ganz zwecklos,<br />
und <strong>de</strong><strong>in</strong>e warme Milch bekommst du doch.”<br />
Ängstlich umfaßte Bellmann <strong>de</strong>n Arm <strong>de</strong>s Kamera<strong>de</strong>n und<br />
re<strong>de</strong>te auf ihn e<strong>in</strong>. Er sprach ganz langsam, er betonte je<strong>de</strong> Silbe,<br />
aber es war auch nicht e<strong>in</strong> Wort zu verstehen; e<strong>in</strong> gelegentliches<br />
„Ha — ha —”, das war alles.<br />
Aber <strong>de</strong>sto <strong>de</strong>utlicher sprachen dafür se<strong>in</strong>e Augen, und <strong>in</strong><br />
<strong>de</strong>nen las <strong>de</strong>r Dicke e<strong>in</strong>e stumme Bitte.<br />
So gab er Bellmann <strong>de</strong>nn e<strong>in</strong> Stück Papier und e<strong>in</strong>e Bleife<strong>de</strong>r.<br />
„Aus <strong>de</strong>m Kau<strong>de</strong>rwelsch, das du da re<strong>de</strong>st, kann ja ke<strong>in</strong><br />
Mensch klug wer<strong>de</strong>n. Schreib mal auf, was du eigentlich willst.”<br />
Und Bellmann schrieb: „Nur ke<strong>in</strong>e warme Milch mehr; ich<br />
wer<strong>de</strong> seekrank. Ich habe heute schon e<strong>in</strong>e Kuh leergetrunken.”<br />
„Da stecken wir e<strong>in</strong>e neue an,” erklärte <strong>de</strong>r Dicke, aber <strong>de</strong>r<br />
Scherz hatte e<strong>in</strong>e völlig unbeabsichtigte Wirkung. Bellmann<br />
bekam nämlich e<strong>in</strong>e ganz spitze Nase, wur<strong>de</strong> grün im Gesicht und<br />
stürzte plötzlich h<strong>in</strong>aus.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong> schallen<strong>de</strong>s Gelächter begleitete ihn; doch als er nach<br />
e<strong>in</strong>iger Zeit zurückkehrte und sich mit e<strong>in</strong>em Kognak gestärkt hatte,<br />
lachte er selbst mit. Und da stellte es sich dann bei <strong>de</strong>r teils mündlich,<br />
teil schriftlich geführten Unterhaltung heraus, daß er im<br />
Laufe <strong>de</strong>r letzten vierundzwanzig Stun<strong>de</strong>n fast ebensoviel Gläser<br />
heiße Milch getrunken hatte.<br />
„Aber K<strong>in</strong>d, da mußt du ja auch krank wer<strong>de</strong>n,” me<strong>in</strong>te <strong>de</strong>r<br />
Studiosus, „da hast du ganz e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Milchvergiftung!”<br />
Dann aber schickten die an<strong>de</strong>ren Bellmann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Baracke. „Leg<br />
dich zu Bett und laß dir noch e<strong>in</strong> paar wollene Decken geben,<br />
sonst bist du auch morgen noch nicht <strong>in</strong> Ordnung, und das mußt<br />
du se<strong>in</strong>, <strong>de</strong>nn wenn es regnet, kommst du <strong>de</strong>n ganzen Tag nicht<br />
vom Klavier fort.”<br />
Aber <strong>de</strong>r Himmel hatte e<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>sehen. Am nächsten Tag<br />
schien die Sonne so schön und warm, als wäre sie gar nicht verschwun<strong>de</strong>n<br />
gewesen. Mit e<strong>in</strong>em Schlag hatten alle ihre gute<br />
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