Dissertation Abel - MADOC - Universität Mannheim
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Zusammenfassend ergibt sich für die Stressprävention in Pflegeberufen ein Bild, wie es auch von<br />
der Psychotherapie bekannt ist: Verschiedene Interventionen (z.B. Verhaltenstherapie und Ge-<br />
sprächstherapie) können gleich effektiv sein, was auf allgemeine Faktoren hinweist (Grawe et<br />
al., 1994). Oft scheint es nicht wichtig zu sein, was genau gemacht wird, sondern welche Res-<br />
sourcen vermittelt und welche Bedürfnisse dabei befriedigt werden. Daher soll der Aspekt der<br />
Bedürfnisbefriedigung in Bezug auf Ressourcen erörtert werden.<br />
4.4.4 Der Zusammenhang von Bedürfnissen und internen Ressourcen<br />
Eine Besonderheit im systemischen Anforderungs-Ressourcen-Modell von Becker (2006) ist<br />
die Klassifikation von Bedürfnissen als interne Anforderungen, die sozusagen von eigenen<br />
physischen oder psychischen Subsystemen an benachbarte oder übergeordnete Systeme gestellt<br />
werden. Die Bewältigung dieser internen Anforderungen ist gesundheitsförderlich, kann aber<br />
wie bei den externen Anforderungen nur gelingen, wenn genügend Ressourcen vorhanden<br />
sind. Nicht bewältigte interne Anforderungen im Sinne nicht befriedigter Bedürfnisse sind da-<br />
gegen der Gesundheit abträglich (Fries & Grawe, 2006). Becker und Kollegen (2004b) wiesen<br />
mit pfadanalytischen Untersuchungen an unterschiedlichen Stichproben nach, dass nicht etwa<br />
die beruflichen und privaten Anforderungen, sondern das Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung<br />
von allen untersuchten Variablen den größten Einfluss auf den Gesundheitszustand der Pro-<br />
banden hatte. Dies deckt sich mit Befunden aus der Psychotherapieforschung, wonach eine<br />
dysfunktionale Bedürfnisbefriedigung mit einem erhöhten Stressniveau und einer hohen Vul-<br />
nerabilität für psychische Störungen einhergeht (Fries & Grawe, 2006). Als wichtigste Präven-<br />
tionsmaßnahme gegen psychische Störungen fordert Grawe (2004) daher, neben einer sym-<br />
ptomorientierten Psychotherapie die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse der<br />
Klienten in den Mittelpunkt zu stellen (Grawe, 2004). Ressourcen und Bedürfnisse können als<br />
zwei Seiten einer Medaille vorgestellt werden, da die Bedürfnisse auf konkrete Ressourcen ab-<br />
zielen. So zielt das Bindungsbedürfnis die Ressource soziale Unterstützung, das Bedürfnis nach<br />
Selbstwertschutz und Selbstwerterhöhung unter anderem auf die Ressource Selbstwirksamkeit,<br />
das Bedürfnis nach Selbstbestimmung auf die Ressource Autonomie und Bedürfnis nach Lust<br />
bzw. Unlustvermeidung auf Ressourcen wie Freude an der Arbeit oder ein gutes Betriebsklima. Al-<br />
len diesen Ressourcen ist gemeinsam, dass sie eine empirisch abgesicherte stressabpuffernde<br />
Wirkung haben. Es lässt sich sagen, dass, wer seine psychologischen Grundbedürfnisse befrie-<br />
digt, weniger unter Stress und Burnout leidet. Dies klingt fast trivial, wirft aber eine neue Per-<br />
spektive auf den Stress, dessen physiologische Erregung als Bereitstellung von Energie zur<br />
Gewinnung gerade dieser Ressourcen gesehen werden kann. Damit erklärt sich auch, dass ho-<br />
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