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Dissertation Abel - MADOC - Universität Mannheim

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5.2 Theoretische Grundlagen der systemisch-lösungsorientierten Beratung<br />

Seite<br />

Bevor die zugrunde liegenden Annahmen und Theorien der systemischen Beratung dargestellt<br />

werden, soll zunächst kritisch angemerkt werden, dass häufig zu lesen oder zu hören ist, dass<br />

sich die systemische Beratung aus Systemtheorien entwickelt hätte. Diese stringente Entwick-<br />

lung hat sich aber so nie vollzogen. Die systemische Beratung bzw. Therapie hat sich vielmehr<br />

aus den praktischen Arbeiten von Milton Erickson, Virginia Satir, Gregory Bateson, Paul<br />

Watzlawick u. a. entwickelt und wurde dann explizit auf verschiedene Theorien bezogen (z.B.<br />

Mücke, 2003). Im Folgenden werden die wichtigsten theoretischen Annahmen aus verschiede-<br />

nen Systemtheorien und konstruktivistischen Theorien kurz skizziert.<br />

Der Begriff „System“ leitet sich aus dem griechischen systema ab, das „Zusammengesetztes“<br />

heißt und kann als „ein zusammengesetztes Ganzes, das mehr als die Summe seiner Teile ist“<br />

definiert werden (Mücke, 2003, S. 25). Ein System ist ein gedankliches Konstrukt, also ein<br />

Hilfsmittel zur Vereinfachung. Es wird durch Systemgrenzen, die offen oder geschlossen sein<br />

können, begrenzt und ist durch Strukturen, Regeln, Beziehungen, Kommunikationen und<br />

Handlungen definiert. In der Allgemeinen Systemtheorie formulierte Ludwig von Bertalanffy (1956,<br />

in Schlippe & Schweitzer, 1997, S. 50) die These, dass biologische, physikalische und soziale<br />

Systeme gleiche Struktur- und Prozessmerkmale aufweisen, wobei er offene und geschlossene<br />

Systeme unterscheidet (geschlossene Systeme unterhalten keine Austauschbeziehungen mit ih-<br />

rer Umwelt). Wo jeweils die Systemgrenze gezogen wird, hängt vom Betrachter ab. Beispiele<br />

für ein System sind ein Zellverband, ein Organ, ein Mensch, eine Familie, ein Verein, eine Ge-<br />

sellschaft etc. In unterschiedlichen Systemen gibt es auch unabhängig von den jeweiligen Per-<br />

sonen unterschiedliche Strukturen, Regeln, Beziehungen, Kommunikationen und Handlungen<br />

(Radatz, 2000). Das menschliche Verhalten hängt nicht ausschließlich, aber doch wesentlich<br />

von dem System ab, in dem man sich gerade befindet.<br />

Zu den Theorien, die wichtige Implikationen für die praktische Vorgehensweise der systemi-<br />

schen Praxis haben, gehören die Theorie autopoietischer Systeme (Maturana, & Varela, 1992, in<br />

Schlippe & Schweitzer, 1997, S.67) sowie deren Übertragung auf den zwischenmenschlichen<br />

Kontext in der Theorie der sozialen Systeme von Luhmann (1984). Autopoietische biologische Sys-<br />

teme sind sich selbst erzeugende Systeme mit einem geschlossenen Nervensystem. Beratungs-<br />

system und zu beratendes System sind nicht strukturell gekoppelt, so dass eine direkte Beein-<br />

flussung ausgeschlossen ist. Das bedeutet für die Beratungspraxis, dass ein Berater niemals et-<br />

was in einen Menschen „hineinberaten“ kann. Es ist jedoch ein Anstoßen des Systems mög-<br />

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