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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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emotionalen Qualitäten. Unter dem Aspekt des Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungsprozesses<br />

wurde ebenfalls ein eingeengter Persönlichkeitsbegriff bevorzugt.<br />

Dieser Blickwinkel auf die Schülerpersönlichkeit ist ein wesentliches Indiz<br />

dafür, dass die Pädagogik <strong>der</strong> DDR sehr stark auf den psychologischen Persönlichkeitsbegriff<br />

fixiert war.<br />

5.2 Allseitigkeit <strong>und</strong> Ganzheitlichkeit<br />

<strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />

Das Ideal <strong>der</strong> allseitig entwickelten Persönlichkeit steht in einer progressiven<br />

humanistischen Traditionslinie, die mit <strong>der</strong> Antike ansetzt <strong>und</strong> in den<br />

Bildungskonzeptionen des frühbürgerlichen Denkens verortet ist. Allseitigkeit<br />

steht hier als Pendant zur Einseitigkeit, meint die Ausbildung <strong>der</strong><br />

menschlichen Kräfte <strong>und</strong> Fähigkeiten in ihrem Zusammenhang, ihrer Komplexität<br />

<strong>und</strong> ihrer Ganzheit (vgl. Ahrbeck 1979, S. 14). Diesen Denkern<br />

schwebte das Ideal <strong>der</strong> allseitig <strong>und</strong> harmonisch entwickelten, körperlich<br />

<strong>und</strong> geistig hochgebildeten Persönlichkeit eines jeden Menschen vor, einer<br />

Persönlichkeit, die sich in <strong>der</strong> Teilnahme an <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong><br />

ganzen Gesellschaft entfaltet (vgl. Klaus/Buhr 1974, S. 923; vgl. Klaus/Buhr<br />

1969, S. 830; vgl. Berger u. a. 1978, S. 554).<br />

Das Konzept <strong>der</strong> allseitig entwickelten Individuen bzw. <strong>der</strong> allseitig entwickelten<br />

Persönlichkeit war in den Sozialwissenschaften <strong>der</strong> DDR zunächst<br />

ein politisches. Im Unterschied zu <strong>und</strong> in Abgrenzung von an<strong>der</strong>en Gesellschaftsformationen<br />

sollte dadurch die neue Qualität individueller Entwicklung<br />

im “Sozialismus” gekennzeichnet werden. Die zunächst quantitative<br />

Bestimmung von “Allseitigkeit” als “Alles-Können” <strong>und</strong> “Alles-Wissen”<br />

war offensichtlich getragen von einer Aufbruchstimmung am Beginn <strong>der</strong><br />

DDR-Entwicklung, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> extensiv erweiterte Reproduktionstyp dominierte<br />

(vgl. Dölling 1986, S. 262). Das Konzept <strong>der</strong> allseitig entwickelten<br />

Persönlichkeit im Sinne von Vielseitigkeit stand auch in einer politisch überformten<br />

lerntheoretischen Traditionslinie.<br />

Im pädagogischen Diskurs meint die For<strong>der</strong>ung nach Allseitigkeit die Entwicklung<br />

des Heranwachsenden unter dem Aspekt <strong>der</strong> Ausgewogenheit <strong>und</strong><br />

Einheit <strong>der</strong> verschiedenen Seiten <strong>der</strong> Persönlichkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Bildungsbereiche (vgl. Kirchhöfer 1988, S. 561).<br />

Im soziologischen Diskurs hieß Allseitigkeit vor allem Entwicklung des Beziehungsreichtums<br />

<strong>der</strong> Individuen, Entfaltung ihrer Fähigkeiten, Talente,<br />

Potenzen, Genüsse (vgl. Kretzschmar 1985, S. 49).<br />

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