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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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fast sagen, ein Wort des Augustinus verwendend – wobei man allerdings den<br />

Kapitalismus als “zweite Natur” zu verstehen hätte.<br />

“Exemplarisch”, so erläutert Negt in einem Glossar, bedeute: “von Einzelerscheinungen<br />

ausgehend gesellschaftliche Prozesse <strong>und</strong> Strukturen erklären,<br />

an einzelnem wesentliche Elemente des Gesamtzusammenhangs deutlich<br />

machen”. Voraussetzung dieser Erläuterung ist, dass es einen solchen Gesamtzusammenhang<br />

gibt. Nicht jedes Einzelphänomen eignet sich nämlich<br />

als Exempel. So dürfe man z. B. nicht Robespierre als Beispiel für den Diktator<br />

schlechthin darstellen <strong>und</strong> damit Hitler erklären. Individuelle Erfahrungen<br />

von Arbeitern dagegen, so muss man schließen, sind, von individuellen<br />

Zufällen entkleidet, überindividuell, klassenmäßig bedingt <strong>und</strong> aus <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Totalität heraus zu verstehen.<br />

Negts Ziel, daran lässt er keinen Zweifel, besteht darin, die Arbeiterklasse<br />

auf eine sozialrevolutionäre Situation vorzubereiten <strong>und</strong> in den Arbeitern<br />

selbst das Bewusstsein entstehen zu lassen, dass nur diese sozialrevolutionäre<br />

Situation <strong>und</strong> ihr eigenes Handeln in einer solchen Situation die beklagte<br />

Statusinkonsistenz aufheben können. Begründet werden soll “eine sozialrevolutionäre<br />

Doppelstrategie, in <strong>der</strong> sich demokratische Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong><br />

Bewusstseinsbildungsprozesse mit <strong>der</strong> systemsprengenden Radikalität, <strong>der</strong><br />

Theorieentwicklung <strong>und</strong> experimenteller Praxis verbindet” (sic!).<br />

Nun waren damals, in <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 60er <strong>und</strong> am Beginn <strong>der</strong> <strong>70er</strong><br />

<strong>Jahre</strong>, viele <strong>der</strong> Meinung, dass eine sozialistische Revolution in Westdeutschland<br />

nicht nur wünschenswert, son<strong>der</strong>n auch machbar sei. Was fehlte,<br />

war nach Meinung vieler Engagierter nur das Klassenbewusstsein <strong>der</strong> Arbeiter,<br />

die von einem solchen Umsturz doch am meisten zu profitieren hätten,<br />

nämlich durch das Ende ihrer Ausbeutung. Das Beson<strong>der</strong>e an Negts Ansatz<br />

besteht darin, dass er die revolutionäre Bildung innerhalb <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

ansiedeln wollte.<br />

Nach Negt sind Gewerkschaften zwar einerseits (über Arbeitsgesetze – das<br />

BetrVerfG wurde 1972 verabschiedet – <strong>und</strong> als Tarifpartner) in das kapitalistische<br />

Herrschaftssystem eingeb<strong>und</strong>en. An<strong>der</strong>erseits sind sie jedoch auch<br />

Träger von Gegenmacht. Negt scheint, obwohl er sich dazu nie konkret einlässt,<br />

anzunehmen, dass eine gesellschaftliche Situation denkbar <strong>und</strong> konkret<br />

auch vorstellbar ist, in <strong>der</strong> die Gewerkschaften eine wichtige, wenn nicht<br />

die entscheidende Rolle bei einer radikalen Umwälzung <strong>der</strong> Gesellschaft einnehmen.<br />

Denn, so wird er nicht müde zu betonen, die Gewerkschaften sind<br />

die Organisationen, in denen die Arbeiter als Träger dieses erwarteten Umsturzes<br />

ihr wichtigstes Machtmittel haben. Auf diese, sagen wir es offen, Revolution<br />

hin soll gewerkschaftliche Bildungsarbeit ausgerichtet sein. Diese<br />

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