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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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gr<strong>und</strong>legendem Ansatz, in individuellen Erfahrungen die Übereinstimmung<br />

<strong>der</strong> “Klassenlage” innerhalb <strong>der</strong> gesellschaftlichen Totalität aufzuspüren.<br />

3. Die konkreten Bildungsanfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Teilnehmer. “Die Motivation<br />

<strong>der</strong> Kollegen zur Teilnahme an gewerkschaftlichen Bildungsveranstaltungen<br />

resultiert aus <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Funktion als Vertrauensmann o<strong>der</strong> Betriebsratsmitglied.<br />

Ihre Bildungserwartungen konzentrieren sich in ausgeprägter<br />

Weise auf die Vermittlung instrumenteller, insbeson<strong>der</strong>e rechtlicher<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten zur Wahrnehmung <strong>der</strong> mit diesen Funktionen<br />

verb<strong>und</strong>enen Aufgaben.” (Hansgeorg Conert, in: Brock 1978) Das<br />

mag so zutreffen <strong>und</strong> würde von Negt sicherlich auch nicht bestritten; von<br />

Negts eigener Darstellung <strong>der</strong> von ihm kritisierten Bildungsarbeit unterscheidet<br />

sich dieser Einwand ausschließlich darin, dass die bisherige Praxis<br />

auf die Motivation <strong>der</strong> Teilnehmer an Bildungsveranstaltungen zurückgeführt<br />

wird – denen freilich keine große Auswahl gewerkschaftlicher<br />

Bildungsangebote zur Verfügung steht.<br />

Negt <strong>und</strong> seine Kritiker redeten offenbar aneinan<strong>der</strong> vorbei. Während die<br />

Praktiker von einer Gewerkschaft ausgingen, wie sie ist, bezog sich Negt auf<br />

eine Gewerkschaft, wie sie seiner Meinung nach sein sollte. Hinter den Argumenten,<br />

die gegen eine Realisierbarkeit von Negts Vorschlägen vorgebracht<br />

wurden, verbirgt sich nur allzu deutlich das entscheidende Argument: Die<br />

von Negt aufgezeigte revolutionäre Zielsetzung wurde von den Bildungsverantwortlichen<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften keineswegs geteilt <strong>und</strong> seine Theorie daher<br />

niemals konsequent einem Praxistest ausgesetzt. Der Praxistest für Negts<br />

Theorie wäre eine sozialistische Revolution, in <strong>der</strong> die Ka<strong>der</strong> des Deutschen<br />

Gewerkschaftsb<strong>und</strong>es wie Otto Brenner <strong>und</strong> Heinz Oskar Vetter das kämpferische<br />

klassenbewusste Proletariat auf die Barrikaden <strong>und</strong> an die Macht geführt<br />

hätten – eine Vorstellung, die schon damals nichts als illusionär war<br />

<strong>und</strong> sich in Hinblick auf Realitätsnähe nicht im Geringsten von gleichzeitigen<br />

Versuchen unterschied, in studentischen Wohngemeinschaften verschiedene<br />

marxistisch-leninistische Parteien zu gründen, die den Anspruch<br />

erhoben, die Weltrevolution vorzubereiten <strong>und</strong> <strong>der</strong>einst durchzuführen.<br />

Dass Negts Konzeption dennoch einflussreich war <strong>und</strong> anregend auf weitere<br />

Bereiche des Bildungswesens wirkte, ist daher einem doppelten Missverständnis<br />

zu verdanken. Einerseits nämlich wurden in die Praxis <strong>der</strong> Bildungsarbeit<br />

nicht nur <strong>der</strong> Gewerkschaften, son<strong>der</strong>n auch in Jugendverbänden, an<br />

Volkshochschulen <strong>und</strong> über junge Schullehrer dann auch wie<strong>der</strong>um in die<br />

schulische <strong>Lehr</strong>e Elemente des “exemplarischen Lernens” eingeführt, oft vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> marxistischen Gesellschaftstheorie, aber ohne den<br />

Aspekt des Negtschen Erfahrungsbegriffs, also im Sinne durchaus traditioneller<br />

intellektueller Bildungsarbeit. Beispiel: An einem konkreten politi-<br />

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