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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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schen Gleichschaltung. Die Amerika-Häuser in <strong>der</strong> amerikanischen Besatzungszone<br />

<strong>und</strong> ähnliche Einrichtungen in den beiden an<strong>der</strong>en Westzonen<br />

versuchten das demokratische Defizit nach zwölf <strong>Jahre</strong>n <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Indoktrinierung zu decken. Vor allem gewerkschaftliche Bildung,<br />

Arbeiterbildung setzte an <strong>der</strong> vorfaschistischen, revolutionären Praxis nach<br />

Liebknechts Parole an. In den <strong>Jahre</strong>n um 1968 (Krise in Bergbau <strong>und</strong> Industrie<br />

mit Massenstreiks 1966 – “Rote Fahnen sieht man besser”) erschienen<br />

die bewährten Parolen <strong>der</strong> klassischen Arbeiterbewegung aktueller denn<br />

je, die Kampagne gegen die Notstandsgesetze <strong>und</strong> die Studentenbewegung<br />

formulierten die Parole neu. Sucht man nach einem gemeinsamen Nenner <strong>der</strong><br />

verschiedenen am Ende <strong>der</strong> 60er <strong>Jahre</strong> vorliegenden Theorien <strong>der</strong> Erwachsenenbildung,<br />

so findet man ihn leicht, vielleicht zu leicht, im Selbstverständnis<br />

<strong>der</strong> Akteure: Sie alle wollen “politische Bildung” betreiben o<strong>der</strong> die politische<br />

Bildung <strong>der</strong> mündigen Bürger unterstützen. Die Begründungen für<br />

diese Absicht ähneln sich bei oberflächlicher Betrachtung <strong>und</strong> sind auch<br />

leicht nachzuvollziehen. Die Theorie <strong>der</strong> Demokratie geht von <strong>der</strong> Anschauung<br />

aus, dass <strong>der</strong> erwachsene wahlberechtigte Bürger in <strong>der</strong> Lage ist, seiner<br />

Verantwortung als Staatsbürger nachzukommen <strong>und</strong> über die Fragen <strong>der</strong> lokalen,<br />

nationalen <strong>und</strong> internationalen Politik eine begründete Meinung zu<br />

haben, die er in Wahlen <strong>und</strong> Abstimmungen ausdrücken kann, wodurch er die<br />

große Linie <strong>der</strong> Politik mitbestimmt. Historische Erfahrung <strong>und</strong> aktuelle Praxis<br />

zeigen aber, dass diese demokratische Gr<strong>und</strong>überzeugung oft mit den<br />

Tatsachen nur schwer in Einklang zu bringen ist. Die mündigen Bürger zeigen<br />

sich oft nicht in <strong>der</strong> Lage, aus den richtigen Gründen die richtige Wahlentscheidung<br />

zu treffen. Von diesem Punkt an unterscheiden sich die verschiedenen<br />

theoretischen Entwürfe zum Teil erheblich, auch wenn äußerlich<br />

eine Tendenz zum Konsens festgestellt werden kann, die sich in Leerformeln<br />

wie eben z. B. “politische” o<strong>der</strong> “emanzipatorische Bildung” zeigt.<br />

Horst Siebert erkannte früh den durch die Konzeption einer allgemein-politischen<br />

Erwachsenenbildung verschleierten Wi<strong>der</strong>spruch zwischen einer im<br />

engeren Sinne politischen (demokratischen) <strong>und</strong> einer wirtschaftlichen<br />

(technokratischen) Begründung <strong>der</strong> damit bezeichneten Sachverhalte:<br />

“Wenn wir versuchen, unter den Bedingungen unseres profitorientierten Gesellschaftssystems<br />

gegen die ‚Zwänge des Systems’ (H. v. Hentig) Erwachsenenbildung<br />

zu betreiben, so dürfen wir diese Antinomien <strong>und</strong> Zielkonflikte<br />

zwischen Technokratie <strong>und</strong> Demokratie nicht verschleiern, son<strong>der</strong>n müssen<br />

sie analysieren <strong>und</strong> transparent machen.” (In: Picht u. a. 1972, S. 150) Siebert<br />

wendet sich daher gegen die “Bildungsmetaphysik <strong>der</strong> Volkshochschulen”,<br />

<strong>der</strong>en Vertreter einen persönlichkeitsbildenden Wert <strong>der</strong> Arbeit konstatierten,<br />

den Siebert als Fiktion kritisiert. Zwar sähen auch die Vertreter dieser<br />

Richtung den Zielkonflikt zwischen technisch-funktionalem <strong>und</strong> kritisch-emanzipativem<br />

Denken, harmonisierten ihn aber. Diskutabler ist für<br />

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