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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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<strong>und</strong> <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> Versöhnung des Menschen mit Gott durch das<br />

Heilsinstitut <strong>der</strong> Kirche ausgeht, <strong>und</strong> sie richtet ihre curriculare Einteilung<br />

an den Lebensphasen des Individuums aus. Protestantische Erwachsenenbildung<br />

<strong>der</strong> <strong>70er</strong> <strong>Jahre</strong> lehnte diese personalistische Sichtweise meistens entschieden<br />

ab <strong>und</strong> verstand sich als Beitrag zur Weltverän<strong>der</strong>ung. Sie konnte<br />

dabei an die Praxis <strong>der</strong> Evangelischen Akademien in den 50er <strong>und</strong> 60er <strong>Jahre</strong>n<br />

anknüpfen, die die Diskussion mit marxistischen o<strong>der</strong> vom Marxismus<br />

beeinflussten Theoretikern wie Milan Machovec, Adam Schaff, Roger Garaudy,<br />

Leszek Kolakowski, Iring Fetscher <strong>und</strong> mit ostdeutschen <strong>und</strong> osteuropäischen<br />

Theologen pflegten.<br />

Marktorientierte Konzeption<br />

Eine gänzlich an<strong>der</strong>e Begründung hat nach Siebert jedoch eine marktorientierte<br />

Position. Mit “Marktorientierung” meint Siebert nicht in erster Linie<br />

die Orientierung am Arbeitsmarkt, son<strong>der</strong>n die am Weiterbildungsmarkt<br />

selbst, d. h. an den Bedürfnissen <strong>der</strong> Bildungsinteressierten. Zwar stehen im<br />

Hintergr<strong>und</strong> dieser Konzeption gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen (beschleunigte<br />

Qualifikationsverän<strong>der</strong>ungen, häufigerer Berufswechsel, Aufgabenverän<strong>der</strong>ungen,<br />

Expansion <strong>der</strong> Dienstleistungsberufe, das Bildungsniveau<br />

als Produktivfaktor usw.), aber: “Funktion <strong>der</strong> Erwachsenenbildung ist nach<br />

dieser Konzeption in erster Linie, die von <strong>der</strong> Bevölkerung artikulierten Bedürfnisse<br />

nach Weiterlernen zu befriedigen.” Die VHS wird dabei zunehmend<br />

als Dienstleistungsinstitution verstanden. Mit dieser Konzeption sind<br />

die Einrichtung von längerfristigen <strong>Lehr</strong>gängen, u. U. mit Abschlussprüfung<br />

<strong>und</strong> Zertifikat, <strong>und</strong> <strong>der</strong> weitgehende Verzicht auf “okkasionelle” Veranstaltungen<br />

(Einzelvorträge usw.) verb<strong>und</strong>en. An die Stelle von Improvisation<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Fähigkeiten des vorhandenen <strong>Lehr</strong>personals tritt die Planung<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Nachfrage. Dem Erwachsenen wird dadurch eine “didaktische<br />

Selbstwahl” ermöglicht. – Siebert merkt an, dass eine Ignoranz gegenüber<br />

dem marktorientierten Aspekt realitätsfern sei, gibt aber an<strong>der</strong>erseits zu bedenken,<br />

dass die Nachfrage <strong>der</strong> Teilnehmer keine “unabhängige Variable”<br />

sei, son<strong>der</strong>n sich selbst nach dem Angebot richte, dass an<strong>der</strong>erseits Aufstieg<br />

im Beruf durch Weiterbildung keineswegs garantiert, son<strong>der</strong>n eher unwahrscheinlich<br />

<strong>und</strong> die These einer allgemeinen Höherqualifizierung nur eingeschränkt<br />

gültig sei. Aus heutiger Sicht wäre jedenfalls hinzuzufügen, dass es<br />

zwar möglicherweise keine allgemeine Höherqualifizierung gibt, wohl aber<br />

eine ständige Umqualifizierung vonnöten ist <strong>und</strong> auch stattfindet. Die Frage<br />

stellt sich also aus heutiger Sicht an<strong>der</strong>s: Inwieweit ist die “freie” Erwachsenenbildung<br />

in <strong>der</strong> Lage <strong>und</strong> verpflichtet, den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

nach aktuell qualifizierten Arbeitskräften nachzukommen? Der scheinbar<br />

ökonomische “Markt”-Begriff Sieberts, <strong>der</strong> nahezu ausschließlich auf den<br />

Weiterbildungs-Markt beschränkt ist, blendet aus, dass die sich weiterbil-<br />

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