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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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meint, wenn wir von dezidiert politischer Bildung innerhalb <strong>der</strong> Institutionen<br />

<strong>der</strong> Erwachsenenbildung vor allem in den <strong>70er</strong> <strong>Jahre</strong>n sprechen. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die verschiedenen Formen <strong>und</strong> Derivate des Marxismus waren en vogue.<br />

Wir haben darauf hingewiesen, dass die VHS auf studentische <strong>und</strong> postgraduierte<br />

<strong>Lehr</strong>kräfte angewiesen waren, die ihre politischen Erkenntnisse aus<br />

<strong>der</strong> Universität in den außeruniversitären Bereich tragen wollten <strong>und</strong> die<br />

VHS als geeignete Transmissionsagenturen ansahen. Aber es spricht vieles<br />

dafür, dass diese Angebote angenommen wurden. Dass diese <strong>Lehr</strong>gegenstände<br />

(“Einführung in die ‘Gr<strong>und</strong>risse’ von Karl Marx”) zu den genuinen Aufgaben<br />

<strong>der</strong> Erwachsenenbildung gehöre, haben nur Außenseiter damals behauptet<br />

(Lutz von Wer<strong>der</strong>); an<strong>der</strong>e (wie Oskar Negt) haben diese Aufgabe ausdrücklich<br />

einem Son<strong>der</strong>bereich <strong>der</strong> Erwachsenenbildung, <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />

Arbeiterbildung, gestellt. Aber nicht nur in diesem Bereich gehen die<br />

“Bildungs”-Vorstellungen <strong>der</strong> maßgeblichen Theoretiker weit an <strong>der</strong> Realität<br />

erwachsenenbildnerischen Handelns vorbei. Die tonangebenden Autoren<br />

orientieren sich offensichtlich an einer Erwachsenenbildung, entwe<strong>der</strong> wie<br />

sie früher einmal war o<strong>der</strong> wie sie sein sollte. Sie erwiesen sich als schlechte<br />

Propheten. Am Anfang <strong>der</strong> <strong>70er</strong> <strong>Jahre</strong> haben sie die Bedeutung <strong>der</strong> im eigentlichen<br />

Sinne politischen Erwachsenenbildung nicht vorausgesehen. Später<br />

entging ihnen die Tendenz zu Psychologie <strong>und</strong> Selbsterfahrung, <strong>und</strong> gerade<br />

mit jenen extrinsisch motivierten Bildungsbedürfnissen (dafür ist <strong>der</strong><br />

schreckliche Plural “Bedarfe” in Mode gekommen), in denen die geschil<strong>der</strong>te<br />

Gr<strong>und</strong>tendenz zur beruflichen Weiter- <strong>und</strong> Umqualifizierung zu ihrem eigentlichen<br />

Ausdruck kommt, haben sie offenbar bis heute Schwierigkeiten.<br />

Wir haben zu Anfang unserer Darstellung behauptet, dass Erwachsene an<strong>der</strong>s<br />

lernen als Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche, ja, dass das Lernen Erwachsener ein<br />

eher unwahrscheinlicher Vorgang sei. Diese Feststellungen möchten wir hier<br />

noch etwas differenzieren.<br />

Nach <strong>der</strong> neueren Neurobiologie <strong>und</strong> <strong>der</strong> konstruktivistischen Systemtheorie<br />

(Maturana/Varela 1987, Maturana 1996) stehen alle Systeme, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die lebendigen, also auch <strong>der</strong> Mensch, in einem ständigen Austausch mit ihrer<br />

Umwelt. Die Umwelt wirkt auf die Rezeptionsapparate, also unsere Sinnesorgane<br />

<strong>und</strong> letztlich das Gehirn, in Form von Perturbationen o<strong>der</strong> Disturbationen<br />

ein. Disturbationen verän<strong>der</strong>n das System im Sinne einer Zerstörung,<br />

Perturbationen modifizieren es mehr o<strong>der</strong> weniger. Diese Systeme sind<br />

“autopoietisch”, sie erzeugen sich selbst immer wie<strong>der</strong> neu. Die Modifikationen<br />

sind immer Anpassungen an verän<strong>der</strong>te Umweltbedingungen, wobei die<br />

Umwelt selbst jedoch immer auch durch ihre Wahrnehmung bestimmt ist.<br />

Gelingt die Anpassung nicht, handelt es sich um eine Disturbation. Das bedeutet,<br />

dass Wahrnehmen immer Lernen ist. Lernen ist Anpassung an die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Umwelt <strong>und</strong> zugleich Einwirkung auf die Umwelt. Das Ge-<br />

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