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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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häufig zu hören bekamen, <strong>und</strong> die vielen jungen Mädchen, die unmittelbar<br />

von <strong>der</strong> Volksschule “in Stellung” gingen, verzichteten mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

freiwillig auf weitere Bildung. Erst mit dem Bewusstsein, dass eine Bildungskatastrophe<br />

drohe, wurde auch das im Gr<strong>und</strong>gesetz angelegte gleiche<br />

Recht von Frauen <strong>und</strong> Männern auf Bildung in <strong>der</strong> Gesellschaft weithin anerkannt<br />

<strong>und</strong> die Tatsache, dass Mädchen in <strong>der</strong> Regel eine geringere Bildung erhielten<br />

als Jungen <strong>und</strong> damit weniger berufliche Chancen hatten, als <strong>der</strong><br />

Skandal erkannt, <strong>der</strong> sie schon lange war. Da Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung eine<br />

berufliche Ausbildung voraussetzen, gerieten Mädchen <strong>und</strong> Frauen auch später<br />

in das Blickfeld <strong>der</strong> Theoretiker <strong>und</strong> Praktiker <strong>der</strong> Erwachsenenbildung.<br />

Der heute so wichtige <strong>und</strong> mit dem modischen Begriff gen<strong>der</strong> mainstreaming<br />

versehene Gegenstand theoretischer <strong>und</strong> praktischer Erwachsenenbildung<br />

taucht in den Konzeptionen <strong>der</strong> <strong>70er</strong> <strong>Jahre</strong> gar nicht, in denen <strong>der</strong> <strong>80er</strong> <strong>Jahre</strong><br />

nur selten auf. Bei Oskar Negt z. B. bestehen die Gewerkschaft <strong>und</strong> die Arbeiterschaft<br />

offenbar ausschließlich aus männlichen Wesen.<br />

Die bis ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert offiziell gültige Anschauung verdichtete sich in<br />

dem Sprichwort: “Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.” Die<br />

Notwendigkeit des Lernens von Erwachsenen <strong>und</strong> damit ein eigenes Handlungsfeld<br />

“Erwachsenenbildung” kann gegenüber dieser Ansicht immer nur<br />

auf vier Wegen begründet werden:<br />

1. Entwe<strong>der</strong> hat sich die Welt seit dem Abschluss von Hänschens <strong>Lehr</strong>zeit<br />

<strong>der</strong>art verän<strong>der</strong>t, dass eine nachträgliche Anpassung nötig ist. Dieser Gedanke<br />

taucht am Beginn <strong>der</strong> Industrialisierung auf <strong>und</strong> wird um die Mitte<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts zu einem vielstrapazierten Topos.<br />

2. O<strong>der</strong> Hänschen hat aufgr<strong>und</strong> irgendwelcher Umstände nicht das gelernt,<br />

was eine erfolgreichere Lebensbewältigung ermöglicht hätte. Letztere<br />

Begründung ist daher immer mit Kritik an <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> primären<br />

Ausbildung verb<strong>und</strong>en. Die Eltern, die Schule, die sozialen <strong>und</strong> politischen<br />

Verhältnisse haben es Hänschen nicht ermöglicht, Wissen <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

in dem Maße zu akkumulieren, wie es ihm bei verständnisvolleren<br />

Eltern, bei einem besseren <strong>Lehr</strong>er, unter sozial besseren Bedingungen<br />

möglich gewesen wäre. Diese Begründung von Erwachsenenbildung ist<br />

seit dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert eng verb<strong>und</strong>en mit <strong>der</strong> Arbeiterbewegung. Dass<br />

die Bauern früherer Zeiten von je<strong>der</strong> Bildung weit entfernt waren, war ein<br />

Zustand, <strong>der</strong> hingenommen wurde. Dass Menschen, die mit den Erzeugnissen<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft, den Maschinen, umgingen <strong>und</strong> damit die mo<strong>der</strong>ne<br />

Welt erzeugten, sich dennoch aus zeitlichen <strong>und</strong> finanziellen Gründen<br />

Bildung nicht leisten konnten, ja systematisch von Bildung fern gehalten<br />

wurden, fiel als unhaltbarer Zustand manchem Philanthropen auf, wie<br />

etwa dem Industriepionier Friedrich Harkort, <strong>der</strong> sich entschieden für Arbeiterbildung<br />

aussprach, <strong>und</strong> dem Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Inneren Mission, Johann<br />

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