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Lehr- und Lernkonzepte der 70er und 80er Jahre - ABWF

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Institutionen <strong>und</strong> Veranstaltungen <strong>der</strong> Erwachsenenbildung sind an <strong>der</strong> Jahrtausendwende<br />

zwar weniger mit dichotomisch interpretierten Macht- <strong>und</strong><br />

Menschheitsfragen befasst als in den <strong>70er</strong> <strong>und</strong> <strong>80er</strong> <strong>Jahre</strong>n – stattdessen sind<br />

sie (<strong>und</strong> die in ihnen Lernenden nicht min<strong>der</strong>!) als Gesamtheit in einen reformistischen<br />

Dauerdiskurs verstrickt, <strong>der</strong> alle <strong>und</strong> jeden <strong>der</strong> Verantwortung aussetzt,<br />

für sich <strong>und</strong> die Rettung <strong>der</strong> Regenwäl<strong>der</strong>, für den Beruf <strong>und</strong> die multikulturelle<br />

Gesellschaft, für die innere Ruhe <strong>und</strong> die Verkehrsberuhigung im<br />

Stadtquartier zu lernen <strong>und</strong> zu streiten <strong>und</strong> sich für richtiges Kompostieren<br />

ebenso wie für Flüchtlinge nichtstaatlicher Verfolgung zuständig zu fühlen.<br />

Ein solcher Gestaltungsoptimismus mag in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Erwachsenenbildung<br />

nichts Seltenes sein (<strong>der</strong> vorige Satz ist die mo<strong>der</strong>nisierte Reprise eines<br />

Diktums von Werner Picht 1919 – vgl. Picht/Rosenstock 1926, S. 49) –<br />

hier fällt er auf, weil im untersuchten Feld die f<strong>und</strong>amentaloppositionellen<br />

Ansprüche <strong>und</strong> die Hoffnungen auf das “ganz An<strong>der</strong>e” eben erst, nämlich in<br />

den letzten zehn <strong>Jahre</strong>n, von reformerisch-konstruktiven Denkweisen abgelöst<br />

wurden. Jochen Kades Behauptung von <strong>der</strong> “Universalisierung” <strong>der</strong> Erwachsenenbildung<br />

wäre also mit dieser Beobachtung zu verknüpfen: “Suchbewegungen”<br />

nach Orientierungen, Problemlösungen, Identitäten <strong>und</strong> Krisenbewältigungen<br />

sind zur akzeptierten Daueraufgabe auch <strong>der</strong> Bildungseinrichtungen<br />

geworden; die von ihnen gebotenen Räume <strong>der</strong> sozialen Anerkennung<br />

<strong>und</strong> des gesellschaftlichen Probehandelns sind mittlerweile ein tragfähiges<br />

Element <strong>der</strong> Zivilgesellschaft.<br />

Wo aber bleiben die in den <strong>70er</strong> <strong>und</strong> <strong>80er</strong> <strong>Jahre</strong>n zum Teil angestrebten, zum<br />

Teil auch praktizierten Verkoppelungen von Erwachsenenbildung <strong>und</strong> sozialer<br />

Initiative? Haben sich die Hoffnungen, dass Bildung nicht nur individuelle<br />

Befreiungs- <strong>und</strong> Autonomisierungsprozesse hervorrufen kann, als wesensfremd<br />

o<strong>der</strong> gar absurd erwiesen? Unsere Bef<strong>und</strong>e sprechen einerseits für<br />

eine gewisse pädagogische Bescheidenheit <strong>und</strong> professionelle Reflexivität,<br />

die die Würde <strong>der</strong> Teilnehmenden, die Pluralität <strong>der</strong> Lebensoptionen <strong>und</strong> die<br />

Kontingenz <strong>der</strong> historischen Ereignisse ernst nimmt. Dennoch müssen <strong>und</strong><br />

dürfen diese Tugenden nicht für ein Plädoyer herhalten, alle die Gegenwart<br />

übersteigenden Vermittlungsabsichten zu streichen. Erwachsenenbildung/Weiterbildung<br />

ist auch eine öffentliche Arena, in <strong>der</strong> Fragen des richtigen<br />

<strong>und</strong> guten gemeinsamen Zusammenlebens in <strong>der</strong> Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft<br />

zum Thema gemacht <strong>und</strong> unter professionellen Bedingungen diskursiv ausgetragen<br />

werden. In diesem Sinne sind die Institutionen <strong>der</strong> allgemeinen <strong>und</strong><br />

politischen Erwachsenenbildung Werkstätten <strong>der</strong> Demokratie, in denen Ansichten<br />

ausgetauscht, Interessen artikuliert, Argumente eingewandt, Einsichten<br />

reflektiert, Begründungen formuliert, Initiativen ersonnen sowie<br />

verallgemeinerungsfähige Optionen <strong>und</strong> neue Beteiligungsformen entwickelt<br />

werden.<br />

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