Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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376 Uta Stolle<br />
hohen Anteils von Hochschullehrern unter den Autoren selten beanspruchen<br />
können (und es z. T. auch nicht tun), wissenschaftliche<br />
Arbeiten zu sein. Die unterschiedslose Behandlung wissenschaftlicher<br />
und publizistischer Versuche rechtfertigt sich durch die Tatsache, daß<br />
beide Sparten sich in der BRD bislang kaum unterscheiden. Ein<br />
Grund dafür ist, daß die primär in Frage kommenden Sozialwissenschaftler<br />
als Professoren meist selbst derart an der Auseinandersetzung<br />
beteiligt sind, daß sie, statt Versuche zu theoretisch-empirischen<br />
Deutungen zu machen, auf der Ebene der politisch kurzschlüssigen<br />
Abwehrpolemiken stehenbleiben. Die Verunsicherung durch die erstmalige<br />
Formierung system<strong>kritische</strong>r Opposition in der BRD schlägt<br />
sich nieder in beträchtlicher Konfusion und Heterogenität der Argumentation,<br />
die oft immergleiche, schon an sich zweifelhafte Kritikund<br />
Erklärungsbruchstücke in zufällige, wechselnde Zusammenhänge<br />
bringt: „Das Phänomen ist undeutlich." Dies im wesentlichen aber<br />
nicht, wie Habermas interpretiert, „weil die empirischen Anhaltspunkte<br />
unsystematisch und schwach" 4 sind, sondern weil, wie sich<br />
zeigen wird, eine gewisse „Undeutlichkeit" den herrschenden Interessen,<br />
soweit sie öffentlich reden, günstig ist.<br />
Der folgende Überblick konzentriert sich auf die für die Entstehung<br />
der Studentenbewegung angegebenen Ursachen, weil damit die<br />
Chance gegeben ist, unterhalb der Ebene der Heterogenität und<br />
„Undeutlichkeit" die gemeinsamen Interessen aufzuzeigen, die die<br />
partielle Unbegreiflichkeit des zu Begreifenden bedingen 43 .<br />
Allgemeine gesellschaftlich-politische Ursachen<br />
Die von einer Reihe von Autoren für die Entstehung des Studentenprotests<br />
angegebenen Erklärungen reflektieren Tendenzen gesamtgesellschaftlicher<br />
Involution, wie sie sich in der BRD seit dem Ende<br />
der Rekonstruktionsperiode deutlich zeigen; zum großen Teil geschieht<br />
dies jedoch in Abstraktionen, die die sich verschärfenden Widersprüche<br />
verschleiern oder als unaufhebbare Normalkonflikte verharmlosen.<br />
So Rüegg: „Die studentische Revolte gegen die Gesellschaft<br />
(!) entspringt der Empörung über die Inkongruenz der Normen<br />
dieser Gesellschaft mit den durch sie vermittelten Erfahrungen."<br />
Die zutreffende Interpretation dieses Satzes, die die wachsende Unerfüllbarkeit<br />
liberaldemokratischer Normen mit der Entwicklung des<br />
spätkapitalistischen Produktionsprozesses begründen würde, wird<br />
sofort ausgeschlossen durch den Hinweis, die Revolten in den soziali-<br />
4 Jürgen Habermas, Protestbewegung und Hochschulreform, Frankfurt<br />
1969, S. 14.<br />
4a vgl. auch: Gerhard Haupt/Walter Kreipe, Die Lehren des Mai, in:<br />
Dokumente 5/6 1969, bes. 1/2 1970, 3 1970. Der Artikel analysiert anhand<br />
französischer Literatur die wesentlichen Aspekte des Mai 68 auf dem<br />
Hintergrund der in Gesellschaft und Hochschule aufbrechenden Widersprüche,<br />
erörtert in diesem Zusammenhang die Interpretationen der Rolle<br />
der französischen Studentenbewegung und ihrer Funktion in der Mairevolte<br />
und kommt z. T. zu ähnlichen Ergebnissen wie die folgende Übersicht.