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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Philosophie 401<br />

In seinem Vorwort zur Buchausgabe von Walter Euchners Dissertation<br />

schreibt Iring Fetscher, die Untersuchung mache „deutlich,<br />

daß die gewissenhafte Analyse des Gesamtwerkes von John Locke<br />

mit, der sorgfältigen Ableitung von dessen Grundtheoremen aus den\<br />

Bedingungen des Zeitalters des frühbürgerlichen Konkurrenzkapitalismus<br />

übereinstimmt" (<strong>VI</strong>II). Es wäre mit einer solchen Ableitung —<br />

wie immer sie konkret aussähe — erst ein Teil der historisch-materialistischen<br />

Analyse einer Theorie geleistet. Dazu gehörte nämlich<br />

etwa die Frage, inwiefern sich der Klassencharakter einer Theorie<br />

gerade darin zeigt, daß sie bestimmte Elemente der in sie eingegangenen<br />

sozialen Realität ausspart (so unterschlägt z. B. Lockes Lehre<br />

vom Staat als Zusammenschluß freier Individuen — „frei" bedeutet<br />

im Sprachgebrauch der Zeit: besitzend — die Tatsache, daß im 17.<br />

Jahrhundert 50 % der englischen Bevölkerung unter dem Existenzminimum<br />

lebten). Doch muß man leider feststellen, daß Euchners<br />

Arbeit selbst den von Fetscher formulierten Ansprüchen nicht genügt.<br />

Euchner selbst faßt sein Ziel bescheidener und ambitionierter zugleich:<br />

„Die vorliegende Arbeit versucht, die einzelnen Lehrstücke<br />

des Lockeschen Naturrechts auf ihre Zugehörigkeit zur Tradition<br />

oder zur modernen bürgerlichen Sozialphilosophie zu befragen und<br />

somit das naturrechtliche Denken Lockes zu rekonstruieren; sie versteht<br />

sich als ein Beitrag zur Erhellung der Genese des bürgerlichen/<br />

politischen und sozialen Weltbildes" (13).<br />

Die geistesgeschichtliche Einordnung sowie die höchst umfangreiche<br />

Zusammenstellung der Lockeschen Äußerungen zum Naturrecht<br />

und eingehende Überprüfung der logischen Stringenz der<br />

Lockeschen Theoreme nimmt fast den gesamten Raum ein. Doch<br />

scheint auch Euchner unter dem Begriff der „Erhellung der Genese"<br />

mehr zu verstehen als geistesgeschichtliche Ableitung, aber wo er auf<br />

den sozialen Zusammenhang eingeht, dem Lockes Theorie entstammt<br />

und den sie zu beeinflussen versuchte, ersetzen vage Allgemeinheiten<br />

die erforderliche sozialhistorische Untersuchung.<br />

Euchner bezeichnet es als „thema probandum" seiner Arbeit (9) zu<br />

zeigen, wie Locke mit Theoremen des klassischen Naturrechts ansetzt<br />

und sie dann im Verlauf seiner Argumentation aushöhlt. Er kann<br />

aber die Funktion des formalen Festhaltens am traditionellen, stoischscholastischen<br />

Naturrecht im Hinblick auf die ideologische Verbrämung<br />

einer Theorie, die — wie Euchner selbst pauschal feststellt —<br />

zur „Sicherung der Eigentumsrechte der Bourgeoisie" (216) beitragen<br />

soll, nicht deutlich machen. Die tatsächliche Wirkung der Lockeschen<br />

Sozialphilosophie auf die englische Geschichte des 17. und frühen 18.<br />

Jahrhunderts wäre erst durch eine detaillierte historische Analyse<br />

zu klären. Da diese fehlt, bleibt die Beschreibung der Entwicklungsstadien<br />

der Lockeschen Naturrechtslehre bloße Philologie.<br />

Schon das Referat der Ergebnisse der neueren Locke-Forschung<br />

und der philosophiegeschichtliche Abriß über „Traditionelles und<br />

modernes Naturrecht" (14), den Euchner im Hinblick auf die Zuordnungskriterien<br />

als Exkurs einfügt, sind fixiert auf die Fragestellung:

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