Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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Der Propagandaapparat des NS-Staates 309<br />
habe zu weiteren Schließungen, Zusammenlegungen und Betriebsumstellungen,<br />
wobei Aktienmehrheiten an NS-Treuhandeinrichtungen<br />
ausgeliefert wurden. Auch die meisten Zeitungen des Scherl-<br />
Verlags Hugenbergs gingen an Amann über. Die Aufgabe der rechtlichen<br />
und institutionellen Gleichschaltung übernahm das RMVP,<br />
indem es alle bisher verteilten Kompetenzen der Beeinflussung und<br />
Überwachung in sich zentralisierte, systematisierte und verschärfte.<br />
Vom Innenministerium übernahm es die Überwachung von Radio,<br />
Film, Presse, Theater, die Regulierung von Staatsfeiern und -feiertagen,<br />
vom Außenministerium die Kontrolle der Auslandspropaganda,<br />
vom Postministerium einen Teil der Befugnisse in der Verwaltung<br />
des Rundfunks (Frage der Gebührenabschöpfung) und weitere,<br />
noch zu behandelnde Funktionen.<br />
Nach dem organisatorischen Vorbild der Parteiorganisation „Reichspropagandaleitung"<br />
übernahm es das Prinzip der Gliederung der<br />
verschiedenen öffentlich wirksamen Betätigungen in Kulturkammern.<br />
Das Reichskulturkammergesetz vom 22. 9. 1933 schrieb die<br />
Bildung von Kulturkammern für Film, Schrifttum, Presse, Rundfunk,<br />
Theater, Musik und Bildende Künste vor, wobei diese Kammern<br />
nach Führerprinzip organisiert und mit dem Recht der Zwangsmitgliedschaft<br />
ausgestattet waren. Die seit 1919 den Ländern zustehende<br />
Gesetzgebungskompetenz in kulturellen Angelegenheiten<br />
war somit auf das Reich, genauer: das RMVP übergegangen. Durch<br />
Erlaß vom 16. 5. 1934 mußte jeder Gau eine Landesstelle des RMVP<br />
haben, die die Bezeichnung „Reichspropagandaamt" erhielt und als<br />
Reichsbehörde galt. Diese organisatorische Erfassung von oben wurde<br />
durch eine von unten ergänzt: durch das schon erwähnte Schriftleitergesetz.<br />
Seit 1935 ist die erfolgreiche Absolvierung der Reichspresseschule<br />
die Voraussetzung für eine Neuzulassung von Schriftleitern.<br />
Die inhaltliche „Ausrichtung" der Presse wird im Wandel der<br />
Reichspressekonferenz sichtbar: Seit 1919 von der Presseabteilung<br />
der Reichsregierung betreut, von einem von Journalisten gewählten<br />
Leiter durchgeführt, wurde sie nun eine Veranstaltung des RMVP,<br />
auf der ihr jetzt beamteter (!) Leiter verbindliche Ausrichtungen und<br />
Sprachregelungen ausgab. Per Fernschreiber gingen die Anweisungen<br />
an die Reichspropagandaämter, die ihre örtlichen Pressekonferenzen<br />
abzuhalten hatten. Die Pressekonferenz war zum Befehlsempfang<br />
geworden. Die ursprüngliche Aufgabe der Unterrichtung<br />
ging immer mehr an das Deutsche Nachrichtenbüro (DNB, vormals<br />
das Wolffsche Telegrafenbüro) über. Einen kleinen Kreis von NS-<br />
Journalisten und Parteifunktionären versorgte es mit streng geheimem<br />
Material. Die DNB-Dienste Grün, Gelb, Rot und Weiß bezeichneten<br />
jeweils verschiedene Personenkreise abgestufter Vertrauenswürdigkeit.<br />
Die Schärfe der Überwachung der Presse richtete sich<br />
nach der jeweiligen politischen Relevanz. Im Zentrum der Überwachung<br />
stand die Tageszeitung, hier wieder der politische Teil,<br />
dann Wochen- und Fachzeitschriften. Die Sparten Spiel, Unterhaltung,<br />
Kunst hatten mehr Freiheit als Rundfunknachrichten, Wochen-