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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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290 Reinhard Opitz<br />

servativen Pluralismuskritik von einem System der „verfestigten<br />

Oligarchien" zu sprechen und sich dabei gleichermaßen auf Peter von<br />

Oertzens „konstitutionelle Oligarchie", Dahrendorfs „Kartell der<br />

Eliten" und Jaspers' „Parteienoligarchie" zu berufen (84). Und diese<br />

gegenüber den gesellschaftlichen Inhalten verselbständigte Theorie<br />

von der Verselbständigung der Führungsoligarchien bildet ein natürliches<br />

Hindernis beim Verstehen der Eigenart des modernen staatsmonopolistischen<br />

Verhältnisses von Monopolkapital und staatstragenden<br />

Parteien bzw. faschistischer Staatspartei, das mit formalstrukturellen<br />

Kategorien nie zureichend zu erfassen ist; sie erlaubt<br />

im günstigsten Falle eine Annäherung an das Verständnis dieses<br />

Verhältnisses bis zu dem Punkt, bis zu dem Kühnl auch tatsächlich<br />

geht, seiner Deutung nämlich als eines „Bündnisses" der „Führungsgruppen<br />

in Wirtschaft, Militär und Bürokratie (sie! d. Verf.) einerseits<br />

und der Führung der faschistischen Massenbewegung andererseits"<br />

(157), das durch multilaterale Abhängigkeit (156) und demzufolge<br />

auch durch Kompromisse und Widersprüche in Programmatik<br />

und Herrschaftspraxis gekennzeichnet sei. Über den in der Bonapartismustheorie<br />

erreichten relativen und durchaus ungenügenden Grad<br />

von Klarheit gelangt Kühnl also nicht hinaus, und zwar letztendlich<br />

wegen seiner Fixiertheit auf eine dem formaldemokratischen Denken<br />

verhaftet bleibende Begriffswelt, in der Strukturelles für Inhaltliches<br />

steht und der sich eben deshalb der nur mit inhaltlichen Kategorien<br />

zu erfassende spezifisch neue, staatsmonopolistische Zwangskonnex<br />

von privater Wirtschaftsmacht und offizieller politischer<br />

Macht — der sich weder als ein einfaches Subordinationsverhältnis<br />

noch als ein Bündnisverhältnis beschreiben läßt — entzieht.<br />

Die Gleichsetzung der Begriffe rechts und links mit „autoritärhierarchisch"<br />

und „demokratisch" (und zwar letzteres in einem eben<br />

doch formal bleibenden Sinne) bewirkt nun aber in Verbindung mit<br />

dieser Verselbständigungstheorie, daß dem bürgerlichen Leser eine<br />

Hintertür offenbleibt, um nicht nur die revolutionär-leninistischen<br />

Parteien aus dem Lager der „echten" Linken aussondern zu können,<br />

sondern auch nicht zusammengehörige Vorgänge als dem Prinzip<br />

nach gleichartig anzusehen, nämlich Kühnls Bemerkungen über die<br />

„Wendung der NSDAP zur Führerpartei" (57), die „Verbürokratisierung"<br />

der Führungsapparate von Gewerkschaften, Reichsbanner und<br />

SPD (63) und die „Unterwerfung der KPD unter die schließlich von<br />

Stalin bestimmte Linie" (34) so aufzufassen, als sei hier von übereinstimmend<br />

aus dem bloßen Apparatcharakter abzuleitenden Prozessen<br />

die Rede, denen man mit dem Schlagwort von der Bürokratisierung<br />

schon auf den Grund gekommen sei und die dann ihrerseits — denkt<br />

man es nur konsequent zu Ende — die eigentliche Misere von Weimar<br />

wären. Die flackernde Ungenauigkeit in der Bestimmung derjenigen<br />

Kräfte, die Kühnl für die Weimarer Jahre bis etwa 1929 und<br />

dann auch für die „radikaldemokratische" Vorgeschichte der Bundesrepublik<br />

von 1945 bis etwa 1949 als die demokratischen gelten lassen<br />

will, hat hier ebenso wie die unterlassene Abgrenzung von <strong>Faschismus</strong><br />

und Neofaschismus — trotz ausdrücklicher Einführung dieses

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