Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

304 Richard Saage
unmittelbare Beziehung hat, sei es als Aufbrechen einer vornationalen
Irrationalität, sei es als Stellungnahme zur menschlichen Natur im
ganzen" (c 51). War mit der typologischen und phänomenologischen
Methode wenigstens eine partielle Einsicht in die Erscheinung des
Faschismus möglich, so ist jetzt die Mystifikation des Objekts vollkommen.
Der Faschismus wird von Nolte an Prämissen gebunden, die
als letzte ontologisch abgeschirmte Einheiten nicht mehr ableitbar sein
sollen. Genau das hat aber das faschistische Selbstverständnis je gefordert.
Sein konstitutives Merkmal sei der „Kampf gegen die Transzendenz"
(a 515), und seinen eigentlichen Gegner sehe er in der „Freiheit
zum Unendlichen", die als Widernatur schlechthin die Einheit
von Weltwirtschaft, Technik, Wissenschaft und Emanzipation (a 516)
umfasse. Das alles mag m. E. stimmen. Aber daß der Faschismus in
der letzten Konsequenz nur vor diesem Hintergrund zu fassen sei,
wirft ein bedenkliches Licht auf den methodischen Ansatz Noltes.
Hier wird deutlich, wohin eine vorwiegend geistesgeschichtlich
orientierte Betrachtungsweise des Faschismus führen muß: in der
begrüßenswerten Absicht, diesen kritisch begreifen zu wollen, ist sie
von ihm selbst dann noch durchdrungen, wenn sie ihn denkerisch zu
überwinden sucht.