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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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424 Besprechungen<br />

mais ausdrücklich in der Perspektive der Niederlage des NS-Reiches.<br />

Das ist das Neue und Gravierende an diesem Buch Gehlens. Das Vae<br />

victis des Geschlagenen bestimmt den Affekt, aus dem die Sätze dieses<br />

Buches ihre Beredsamkeit gewinnen. (Gehlen ist so sehr von der<br />

„Niederlage" fixiert, daß er sogar den Studentenprotest von ihr her<br />

interpretiert. Vgl. 172.) Die Hypermoral und ihr Staat — der zur<br />

Milchkuh umfunktionierte Leviathan (110) — erscheinen nur mehr<br />

als Fortsetzung der militärischen Niederlage mit anderen Mitteln. Sie<br />

haben dem Verlust der äußeren den Verlust der inneren Souveränität<br />

hinzugefügt. In seinem Lamento über die Niederlage des deutschen<br />

Imperialismus kommt Gehlen an dessen Untaten nicht vorbei;<br />

ihren Schatten beschwört er aber nur, um damit den Humanitarismus<br />

und die verhaßten Intellektuellen zu treffen: Die den Deutschen nicht<br />

verziehene „mechanische Massentötung von Wehrlosen" war „tiefer<br />

gesehen" „auch ein geistiger Mordversuch", ebendasselbe, was Hypermoral<br />

und Intellektuelle heute dem deutschen Volk antun, indem<br />

sie es von seiner Geschichte abtrennen und entehren — „geistiger<br />

Genocid" (185)! Was fixiert Gehlen so auf die „Niederlage"? Ist ihm<br />

seine Ehre erst mit oder nach der Niederlage abhanden gekommen?<br />

Eher treibt ihn wohl die Furcht, seine Konstruktion des Humanitarismus<br />

als Eroberung der Eroberer könnte sich bewahrheiten; haben<br />

sich doch in der von ihm konstruierten Geschichte die Sieger immer<br />

wieder totgesiegt. Fast sieht es so aus, als wollte Gehlen, um ein solches<br />

diesmal zu verhindern, die deutsche Staatstugend aus der Konkursmasse<br />

der Niederlage retten, um sie den ohnehin von humanitärer<br />

Aufweichung bedrohten kapitalistischen Großmächten für ihren<br />

Endkampf gegen das moralisch noch intaktere sozialistische Lager<br />

zur Verfügung zu stellen. Jedenfalls ist diese Konsequenz mit Gehlen<br />

denkbar. Ja, ohne diese Konsequenz wäre sein Buch bei aller Anstrengung<br />

nur so etwas wie die „Betrachtung eines Unpolitischen",<br />

der ästhetisch Distanz zum Zeitgeist nimmt. Wahrscheinlich ist es so.<br />

Wo seine Vorgänger noch zur Offensive rüsteten, herrscht bei Gehlen<br />

der verächtliche Zynismus dessen, dem die Helden davongelaufen<br />

sind.<br />

Peter Furth (Berlin)<br />

Soziale Bewegung und Politik<br />

Hohson, John Atkinson: Der Imperialismus. Verlag Kiepenheuer<br />

und Witsch, Köln und Berlin 1968 (312 S., kart., 26,— DM).<br />

Im Zuge der Wiederbelebung der Imperialismusdiskussion wurde<br />

endlich eine deutsche Übersetzung von Hobsons „Imperialismus"<br />

vorgelegt, Sechsundsechzig Jahre nach dessen erstem Erscheinen.<br />

Trotz seines Alters hat dieses Buch Aktualität als einer der wenigen<br />

ernsthaften Versuche einer Imperialismustheorie von bürgerlichliberaler<br />

Seite. Seine Auffassungen machten zunächst Schule im angelsächsischen<br />

Raum (Moon, Nearing/Freemann), bis dann in den<br />

50er Jahren durch Winslow und andere jeder Versuch einer ökono-

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