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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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284 Reinhard Opitz<br />

eigenen Forderung zuwider, nicht als inhaltliches, durch soziale Interessen<br />

definiertes Prinzip, sondern als vorgegebene Strukturidee<br />

einführt, zu der wechselnde Klassen je nach ihrer Stellung in der<br />

Gesellschaft in eine vorübergehende oder dauerhafte funktionale<br />

Beziehung treten und zur Linken nur jeweils insoweit werden, wie<br />

sie sich diese Idee zu eigen machen, bleibt in der Mitte von Kühnls<br />

nach wie vor unausgesprochen dreiteiligem Begriffsgebäude unvermeidlich<br />

die bürgerliche Formaldemokratie als das heimliche Zentrum,<br />

von dem her von einer Rechten und einer Linken gesprochen<br />

wird, bestehen. Der auffällige Umstand, daß Kühnl eine Definition<br />

dessen versucht, was rechts und was links genannt werden soll, ohne<br />

zuvor — oder wenigstens nachträglich — zu bestimmen, was unter<br />

Mitte zu verstehen sei, rechts von was und links von was sich also<br />

Rechte und Linke befinden (und ohne einen solchen gemeinsamen<br />

Bezugspunkt verliert die Rede von rechts und links ja wohl ihren<br />

logischen Halt), weist auf das Dilemma, in das notwendig jeder gerät,<br />

der von der bürgerlichen Politologie das Denken in inhaltsneutralen<br />

Strukturkategorien, in der eigenen politischen Praxis jedoch das<br />

Fragen nach dem gesellschaftlichen Inhalt einer jeglichen Politik und<br />

einer jeglichen politischen Strömung gelernt hat. Kühnl befreit sich<br />

aus diesem Dilemma nicht wirklich, wenn er als die „Mitte" diejenigen<br />

Kräfte anspricht, die dem Prinzip der Willensbildung von unten<br />

nach oben nur bedingt, nämlich nur im politischen, nicht aber auch<br />

im wirtschaftlichen Bereich Geltung zuerkennen wollen, wenn er<br />

zum Merkmal der Mitte also ganz im herkömmlich-liberalen Sinne<br />

das Bekenntnis zu einem abstrakten Normaltyp der bürgerlich-parlamentarischen<br />

Verfassung macht und diese Position kritisch als eine<br />

Zwischenposition, als ein „Mittelding" zwischen den reinen Ausprägungen<br />

des rechten Autoritarismus und der von der Linken repräsentierten<br />

Demokratieidee charakterisiert. Die ihm von seinem Wirklichkeitssinn<br />

dann sofort aufgenötigte Einschränkung, es gebe allerdings<br />

heute in der Bundesrepublik keine einzige große Partei, die<br />

„auch nur den bestehenden Grad an politischer Demokratie entschlossen<br />

zu verteidigen bereit wäre; d. h. es gibt im Grunde nur Rechtsparteien"<br />

(23), macht die Fragwürdigkeit eines Schemas, dessen<br />

Zentrum mehr oder minder nichtexistente, in jedem Fall aber sehr<br />

flüchtige, je nach Interessenlage fluktuierende Kräfte sind, deutlich.<br />

Einen Weg, aus den Verfänglichkeiten des liberalen Rechts-Mitte-<br />

Links-Schemas herauszukommen, stellt die <strong>kritische</strong> Anmerkung,<br />

daß die Mitte zur Zeit kaum besetzt sei, zumindest nicht von starken<br />

Parteien, in gar keinem Falle dar, weil der Maßstab, an dem dies<br />

gemessen wird, noch immer der liberal-formaldemokratische ist. Dies<br />

aber hat seine notwendigen Auswirkungen auch auf die Bestimmung<br />

der Linken und der Rechten.<br />

Auf der einen Seite gerät dadurch nämlich der qualitative Unterschied<br />

zwischen formaler und realer Demokratie aus dem Blick; er<br />

reduziert sich auf einen nur quantitativen. Kühnl beschreibt dementsprechend<br />

die Linke als diejenige Kraft, die erkannte, „daß die<br />

formale Rechtsgleichheit durch eine reale soziale Chancengleichheit

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