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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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380 Uta Stolle<br />

deutet im Hinblick auf Zugang zur Verfügung über gesellschaftliche<br />

Macht- und Produktionsmittel die tendenzielle Proletarisierung 23 der<br />

Masse der Forschenden und Lernenden, eine Aufnahme ins Top-<br />

Management für eine Minderheit an der Spitze.<br />

Wenn diese Zusammenhänge, die von den Studenten immer wieder<br />

mehr oder minder deutlich aufgezeigt wurden, wenn solche Selbstinterpretation<br />

der Handelnden konsequent nicht zur Kenntnis genommen<br />

wird, obwohl damit sofort neue und endgültige Unerklärlichkeiten<br />

auftauchen müssen, sondern an der Rückständigkeitshypothese<br />

festgehalten wird, so erfüllt dies andere als Erklärungsfunktionen:<br />

Beschriebe man die Protestursache als die tendenzielle Proletarisierung,<br />

die sie ist, läge die Strukturähnlichkeit mit anderen Gesellschaftssegmenten<br />

auf der Hand und könnte, wenn auch nicht allein,<br />

das von den Hochschulen bereitgestellte technische und administrative<br />

Wissen ist ein zentraler Faktor für Produktion (1), Absatz (2), staatsbürokratische<br />

Abwehr systembedrohender Bewegungen (3) und die Durchsetzung<br />

imperialistischer Herrschaft (4).<br />

(1) Die spätkapitalistische Produktion ist zunehmend angewiesen auf die<br />

Ersetzung einfacher durch technisch-wissenschaftlich qualifizierte Arbeitskraft<br />

und auf die Erstellung neuer Technologien. Wegen des hohen finanziellen<br />

Risikos kann beides nicht zureichend von den Einzelunternehmen<br />

geleistet werden, die deshalb die Kosten für die privaten Profit garantierende<br />

technologische Innovation und Erziehung sozialisieren. „Colleges<br />

and universities are thus not merely integral to the production process,<br />

but constitute another point of production, incraysingly controlled, while<br />

not owned, by the corporate bourgeoisie as a whole" (15).<br />

(2) Die staatliche Universität stützt den Absatz von Gebrauchsgütern<br />

(deren Nachfrage stagniert, weil die mit steigender Produktivität erwirtschafteten<br />

Profite nicht in Form von Löhnen an die Arbeiterklasse weitergegeben<br />

werden) durch die Entwicklung nachfrageerhöhender Techniken<br />

hinsichtlich Verpackung, Mode- und Stilwechsel, Produktdifferenzierung<br />

und forcierter Produktalterung.<br />

(3) Die oben (1) skizzierte, für die Unternehmen profitable Verbindung<br />

technisch-wissenschaftlicher Arbeitskraft mit kapitalintensiven Technologien<br />

tendiert (Bsp. USA) zur Schaffung einer ständig wachsenden Schicht<br />

unausgebildeter Arbeiter, die, politisch in Bewegung geraten, eine Bedrohung<br />

des Systems darstellt (Bewegung d. amerikanischen Schwarzen).<br />

Eine weitere Bedrohung, das ist hier hinzuzufügen, entstand bis jetzt als<br />

Studentenrevolte an dem Widerspruch zwischen einer privatkapitalistisch<br />

begrenzten und einer dem Stande der Produktivkräfte nach möglichen und<br />

erforderlichen Massenausbildung: diesen „Gefahren" gegenüber übernehmen<br />

besonders die universitären Sozialwissenschaften Aufgaben der Stabilisierung<br />

sozialer Kontrolle, d. h. der Konfliktverhinderung und -eindämmung.<br />

(4) Im Rahmen der staatlichen Ermöglichung von Kapitalakkumulation<br />

im Ausland (Rohstofferwerb, Kapitalausfuhr, Absatzmärkte) ist es Aufgabe<br />

der Universitäten, neue Instrumente lokaler, nationaler und internationaler<br />

sozialer und finanzieller Kontrolle zu schaffen.<br />

23 Zur fortbestehenden Privilegierung der wissenschaftlichen gegenüber<br />

den manuellen Arbeitern infolge der Arbeitsteilung, vgl. Joscha<br />

Schmierer, Zur Analyse der Studentenbewegung, in: Rotes Forum 5/1969,<br />

S. 5—14.

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