Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Ursachen der Studentenbewegung 389<br />
Zur Erklärung studentischer Ideologie<br />
Aufgabe einer Analyse der Studentenbewegung wäre es, daß „artikulierte<br />
Inhalte jugendlicher und studentischer Opposition an den Bedingungen<br />
und Widersprüchen ihrer Sozialisation und ihrer Umweltsituation<br />
in Hochschule und Gesellschaft gespiegelt werden", um „die<br />
Besonderheiten der neuen radikalen Verhaltensweisen als Momente<br />
zu erfassen, die dem gesellschaftlichen status quo entspringen und<br />
gleichzeitig zu seinem Wandel beitragen" 49 . Das Vehikel der interessenbedingten<br />
Blindheit gegenüber den Ursachen des Protests ist jedoch,<br />
wie deutlich werden sollte, die konsequente Zertrennung der<br />
Dialektik zwischen „objektiven" Bedingungszusammenhängen des<br />
Protests und der „subjektiven" Selbstinterpretation der Protestierenden<br />
50 . Einerseits führt das zu willkürlich konstruierten Ursachenzusammenhängen,<br />
die alles erklären können, außer der tatsächlichen<br />
Ziel- und Handlungsrichtung des Protests, die doch Erklärungsgegenstand<br />
war, zum anderen zur Erfindung neuer „Ursachen" und Zusammenhänge<br />
für die unerklärlich gewordene artikulierte Selbstinterpretation<br />
des Protests.<br />
Drei solche ersatzweise verwandte Bezugsrahmen treten immer<br />
wieder auf: der verführungs„theoretische", der geistesgeschichtliche<br />
und die Rückführung auf den Machtwillen einer elitären Minderheit.<br />
Im Bereich des ersten Bezugsrahmens, der Erklärung durch<br />
Verführung, werden angegeben: Massenmedien und Kulturindustrie<br />
51 , die linken Professoren 58 oder „philosophische Scharlatane"<br />
der Hegel/Marx-Nachfolge wie Marcuse 53 , Adorno, Habermas, von<br />
Friedeburg. Der (erstaunlich häufige) Hinweis auf die Verführer<br />
„löst" das Problem des Zustandekommens sozialistischer „Ideologie",<br />
indem er es unter der Hand jeweils weiter verschiebt, wenn die Frage<br />
nach der „Verführung der Verführer" gestellt wird. Die geistesgeschichtliche<br />
Interpretation, der zweite Erklärungsrahmen, unterscheidet<br />
sich von der Verführungserklärung lediglich durch die geringere<br />
49 Kadritzke, a.a.O., S. 48.<br />
50 Typisch dafür Scheuch (Aspekte, S. 6): „Dennoch ist es für die Erklärung<br />
des sogenannten studentischen Protests unsinnig, die vom SDS<br />
vorgebrachten Argumente ernsthaft als Aussagen über die Gesellschaft<br />
zu diskutieren. Und: „Protestverhalten und dessen Deutung sind wie auch<br />
sonst bei der Analyse sozialer Phänomene zunächst nur Rohmaterial, dessen<br />
symptomatische Bedeutung zu erschließen ist" (7).<br />
51 Massenmedien (Leonhardt, S. 28), die „moderne Literatur" (Ortlieb,<br />
S. 18), der Spiegel (Winkler, S. 61), das ganze Manipulationsnetz liberaler<br />
Verlagshäuser, Bühnen, Film-Studios und Sender (Schrenck-Notzing,<br />
S. 176 f.).<br />
52 Rüegg, S. 12, weist auf das „reich dotierte <strong>Institut</strong> für Sozialforschung"<br />
als ideologische und taktische Basis der SDS-Studenten hin,<br />
ebenso Schrenck-Notzing (110, 150), der zudem noch die Amerikaemigranten<br />
auf den Lehrstühlen für politische Wissenschaft benennt; Schelsky<br />
(Baier, S. 107) verweist auf die „einseitige Betonung der Macht- und Herrschaftssoziologie"<br />
in der neueren BRD-Entwicklung.<br />
53 Kuhn, S. 55 ff.: „die marxistische Reuse".