Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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Philosophie 411<br />
chung zur historischen Stellung Saint-Simons (Marx-Engels-Archiv<br />
Bd. 1, 1926, 82—118), Winfried Schröders Leipziger Dissertation von<br />
1958 (Das geschichtliche Weltbild des utopischen Sozialisten Claude-<br />
Henri de Saint-Simon), schließlich Enrico Vidais Saint-Simon e la<br />
scienza politico von 1959.<br />
Fazit: die Forschung zur (prä-)sozialistischen Dogmengeschichte ist<br />
um ein unentbehrliches Hilfsmittel reicher, das künftige Arbeit wesentlich<br />
erleichtert — und dem Benutzer zur Abwechslung böse<br />
Streiche spielt.<br />
Manfred Hahn (Gießen)<br />
Mill, John Stuart: Über Freiheit. Aus dem Englischen übertragen<br />
und mit einem Anhang versehen von Achim v. Borries. Europäische<br />
Verlagsanstalt, Frankfurt/M. 1969 (165 S., kart., 15,— DM).<br />
In der bürgerlichen ideengeschichtlichen Tradition gilt Mill als<br />
Apostel der individuellen Freiheit. Deswegen ist es kein Zufall, daß<br />
im Jahr des nationalsozialistischen Zusamenbruchs eine erneute<br />
deutschsprachige Ausgabe seines vielseitig zitierten Essays „On Liberty"<br />
erschien (Zürich 1945), die A. Grabowsky seinerzeit mit einer<br />
über 100 Seiten starken Einleitung herausgab, in der er die liberale<br />
Freiheitsidee zu restaurieren versuchte. Seitdem vergaß man Mill<br />
wieder, bis er — angeregt durch den Mill-Abschnitt in Habermas'<br />
Studie zur bürgerlichen Öffentlichkeit — wieder diskutiert wurde,<br />
allerdings in engem Rahmen. Die vorliegende neue Übersetzung von<br />
Mills Essay über Freiheit ist zweifellos eine verlegerische Reaktion<br />
auf die breite Vergegenwärtigung Mills durch Marcuses Aufsatz über<br />
„repressive Toleranz", in dem Mill neu rezipiert wird. Ursprünglich<br />
war diese neue Mill-Ausgabe mit einer Einleitung des Herausgebers<br />
angekündigt, die offensichtlich nicht zustande kam. Der Anhang des<br />
Herausgebers (Kurzbiographie Mills, Exzerpte aus anderen Mill-<br />
Schriften, Zeittafel und Bibliographie) ist zwar brauchbar, kann eine<br />
Einleitung indes nicht ersetzen. Ohne diese, die eine neue Mill-<strong>Diskussion</strong><br />
hätte aufnehmen können, wird die Neuauflage des Essays<br />
„On Liberty" fragwürdig, zumal die Grabowsky-Ausgabe im Nachdruck<br />
erhältlich ist (Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt).<br />
Auch vermißt man einige nötige editorische Notizen. So sagt der<br />
Herausgeber nicht, ob er sich bei seiner Übersetzung auf die Grabowskys<br />
stützt. Beim Vergleich einiger Pasagen beider Ausgaben stellte<br />
der Rezensent fest, daß Grabowskys Übersetzung streckenweise präziser<br />
ist; auch enthält sie einen umfangreichen Anmerkungsapparat.<br />
Bekanntlich zitiert Marcuse in seinem Toleranz-Aufsatz einige Passagen<br />
aus der Millschen Freiheitsschrift, in denen Mill intellektuelle<br />
Reife als Voraussetzung für die Wahrnehmung der Freiheitsrechte<br />
nennt. Marcuse will damit die „reine Toleranz" im Spätkapitalismus<br />
kritisieren, mit der unter dem Deckmantel der Freiheit selbst verbrecherische<br />
Meinungen toleriert werden. Jedoch betrachtet Marcuse<br />
diese Passagen nicht in der Totalität der Millschen Theorie. Es entgeht<br />
ihm, daß Mills Argumentation, wonach nur reife Menschen Freiheit