Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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324 Peter Römer<br />
mas, Agnoli, Kirchheimer, vielleicht sogar Abendroth zugeschrieben<br />
werden; andere wiederum lassen sich mit einer solchen Urheberschaft<br />
nur schwer oder gar nicht vereinbaren. In Wirklichkeit handelt es<br />
sich um eine Zitatenzusammenstellung aus dem Aufsatz von Ernst<br />
Forsthoff „Verfassung und Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik"<br />
1 . Dieser Aufsatz ist in gewisser Weise die Fortsetzung eines<br />
berühmt gewordenen anderen desselben Autors: „Die Bundesrepublik<br />
Deutschland, Umrisse einer Realanalyse" 2 . Er unterscheidet sich von<br />
dem früher geschriebenen vor allem in zwei Punkten: Während Forsthoff<br />
1960 noch der Meinung war, die Bundesrepublik als Staat sei<br />
zur Funktion der Gesellschaft geworden 3 , betont er neuerdings die<br />
Tendenz zur Verschmelzung von Staat und Gesellschaft zu einer<br />
funktionalen Einheit; eine Veränderung des Standpunktes hat Forsthoff<br />
auch in der Frage der Möglichkeit einer innenpolitischen Krise<br />
vollzogen.<br />
Die Verschmelzung von Staat und Gesellschaft wird von Forsthoff<br />
konstatiert, aber nicht gutgeheißen. Das kommt in seinen rechtswissenschaftlichen<br />
Schriften, insbesondere in seiner Polemik gegen die<br />
Umdeutung der Grundrechte klar zum Ausdruck. Die Grundrechte<br />
werden von ihm nicht als Werte, die das gesamte staatliche und gesellschaftliche<br />
Leben strukturieren, aufgefaßt, sondern als liberale<br />
Abwehrrechte gegen den Staat 4 ; allein ein starker Staat könne dem<br />
Chaos wehren und die Freiheit bewahren, die in einer totalitären<br />
Gesellschaft in Gefahr sei, vernichtet zu werden.<br />
Gegenstand dieser Bemerkungen soll jedoch nicht das Staats- und<br />
Verfassungsverständnis Forsthoffs sein und auch nicht sein Ausspielen<br />
des Rechtsstaates gegen die Demokratie und beider gegen den<br />
Sozialstaat. Einer umfassenderen, beabsichtigten Untersuchung muß<br />
auch vorbehalten bleiben, wie die Veränderung im Verhältnis von<br />
Staat und Gesellschaft in der Rechts- und Verfassungstheorie in der<br />
BRD widergespiegelt wird. Vielmehr soll die Skizze der Realanalyse<br />
Forsthoffs, des Carl-Schmitt-Verehrers, des „Erfinders" des Begriffs<br />
der Daseinsvorsorge, des Verfassers des Standardlehrbuchs des Verwaltüngsrechts,<br />
des meistzitierten Autors des Bundesverwaltungsgerichts,<br />
des Bewunderers des nationalsozialistischen Staates 5 mit<br />
Erkenntnissen und Positionen verglichen werden, die von den Theo-<br />
1 Merkur, H. 5, Mai 1968, S. 401 ff. Bei dem hier wiedergegebenen Text<br />
handelt es sich um eine aus wörtlichen Zitaten zusammengestellte Kurzfassung<br />
dieses Aufsatzes. —• Klammern und Hervorhebungen von P. R.<br />
2 Abgedruckt in: Rechtsstaat im Wandel, Verfassungsrechtliche Abhandlungen<br />
1950—1964, 1964, S. 197 ff.<br />
3 Vgl. Rechtsstaat im Wandel, S. 201.<br />
.4 Vgl. die Umbildung des Verfassungsgesetzes, abgedruckt in: Rechtsstaat<br />
im Wandel, S. 147 ff. Siehe dazu auch Hollerbach, Auflösung der<br />
rechtsstaatlichen Verfassung? Archiv des öffentlichen Rechts, 1960, S. 241 ff.<br />
Siehe auch die neueste Äußerung Forsthoffs zu diesem Problembereich:<br />
Zur heutigen Situation einer Verfassungslehre, in: Epirrhosis, Festgabe<br />
für Carl Schmitt, Bd. 1, 1968, S. 185 ff.<br />
5 Vgl. Forsthoff, Der totale Staat, 1933.