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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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398 Besprechungen<br />

zum alles übergreifenden und nichts erklärenden Modell der Eigentumsmarktgesellschaft<br />

zusammen und triumphiert schließlich, wenn<br />

sich herausstellt, daß Hobbes' Staatsphilosophie dessen Struktur kommensurabel<br />

ist. Worin die behandelten sozialphilosophischen Entwürfe<br />

von den gesellschaftlichen Kämpfen ihrer Entstehungszeit geprägt<br />

sind — nicht nur wofür sie explizit Partei nehmen, sondern wie<br />

auch bereits in der Art und Weise, in der Soziales in sie eingeht, ihr<br />

Klassencharakter durchscheint —, vor solche Fragen, in denen allein<br />

erst die Problemstellung der historisch-materialistischen Aufarbeitung<br />

von <strong>Theorien</strong> bezeichnet wäre, sieht sich MacPherson nirgends<br />

gestellt. Ihre sozialgeschichtliche Aufschlüsselung wird — auch wenn<br />

die Einleitung sich umständlich gegen einen solchen Verdacht verwahrt<br />

— durch die Überprüfung ihrer logischen Stimmigkeit ersetzt.<br />

Wenn dabei Hobbes attestiert wird, daß er auf sehr stringente, für<br />

seine Zeitgenossen allerdings unangenehm radikale Weise politische<br />

Pflichten — die unbedingte Einfügung in das durch Staatsgesetze<br />

garantierte System des „friedlichen Wettbewerbs" — aus Fakten —<br />

der Wolfsnatur der „Menschen des Marktes" (124) — deduziert habe,<br />

so muß zu diesem Befund, in dem sich Hellsichtigkeit und Beschränktheit<br />

des Buches eigentümlich paaren, zweierlei angemerkt werden.<br />

Radikal ist die Hobbessche Philosophie in der Tat; McPhersons<br />

Charakteristik dieses Radikalismus bleibt jedoch an der Oberfläche,<br />

trifft nur auf dasjenige an ihm, was schon Hobbes' Zeitgenossen und<br />

die liberaleren unter seinen späteren Rezipienten befremdete: so<br />

scheint ihm vor allem Hobbes' Postulat der sich selbst verewigenden<br />

Souveränität (der Herrscher bestimmt persönlich seinen Nachfolger)<br />

über die Anforderungen rationaler Herrschaftsausübung in einer<br />

Eigentumsmarktgesellschaft hinauszuschießen. Lockes Berichtigung<br />

dieses Irrtums in Richtung auf die Konstitutivfunktion des Parlaments<br />

verarbeite konsequenter, daß eine unter der Kontrolle der<br />

herrschenden Klasse stehende souveräne Körperschaft, für die in der<br />

Theorie des Hobbes auf Grund der fehlenden Analyse von Klassengegensätzen<br />

und Klassenzusammenhalt kein Platz sei, die der Eigentumsmarktgesellschaft<br />

angemessene Organisationsform politischer<br />

Herrschaft darstelle, die man nach dem Machtwechsel von 1688<br />

schließlich auch mit großem Erfolg praktiziert habe. Es ist aber zu<br />

fragen, ob nicht Hobbes' Radikalabsolutismus, alles andere als ein<br />

Relikt aus Feudalzeiten, gerade dasjene Moment ist, in dem sich seine<br />

Theorie am deutlichsten als auf der Höhe ihrer Zeit stehend erweist.<br />

Eine detaillierte Analyse der ökonomischen Antagonismen hätte Mac-<br />

Pherson darauf geführt, daß in den 1640er Jahren von der Kontrolle<br />

einer herrschenden Klasse über eine souveräne Körperschaft noch<br />

keine Rede sein konnte. Das Parlament selbst war — wie eine Untersuchung<br />

der wechselnden Klassenbündnisse im Verlaufe der Revolution<br />

lehrt— ein Ort, an dem verschiedene Klasseninteressen aufeinanderprallten.<br />

In dieser Situation hätte der Hobbessche Souverän<br />

— gleichsam als „ideeller Gesamtkapitalist" — die Funktion eines 1<br />

Geburtshelfers für das Kapital, dem sich die einzelnen Partikularinteressen<br />

unterordnen müssen. Hier liegt auch ein Hinweis zur Er-

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