Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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268 Reinhard Kiïhril<br />
Auf solche Fragen darf man wohl eine Antwort erhoffen, wenn man<br />
ein Buch mit dem Titel „Probleme des Zweiten Weltkrieges" zur<br />
Hand nimmt*. Solche Hoffnungen werden aber schnell enttäuscht.<br />
Der jetzt in Freiburg lehrende Zeithistoriker Andreas Hillgruber,<br />
der die Auswahl der Texte besorgte, hat diesen Band von allen sozialwissenschaftlichen<br />
Fragestellungen konsequent freigehalten. Die<br />
Beiträge behandeln überwiegend militärisch-strategische Probleme<br />
und beschreiben allenfalls die Genese wichtiger militärpolitischer<br />
Entscheidungen (z. B. der Kapitulation Japans oder der Formel von<br />
der „bedingungslosen Kapitulation"). Einige zeichnen sich durch<br />
strenge Akribie im Sinne zeitgeschichtlicher Forschung aus (z. B. der<br />
Aufsatz von Hillgruber über das Unternehmen „Barbarossa"), andere<br />
breiten ungeniert ihre antikommunistischen Ressentiments aus und<br />
scheuen sich dabei auch nicht, die Tatsachen so zu verdrehen, daß sie<br />
ins Gesamtbild passen. (Das gilt z.B. für den Aufsatz von John L.<br />
Snell über „Größe und Versagen im Sieg der Alliierten 1944/45",<br />
dessen Geschichtsklitterung eine eigene Analyse erfordern würde.)<br />
Aber nicht das offen bekundete Ressentiment und die Verfälschung<br />
von Fakten sind die Hauptschwächen dieses Buches: Von weit größerer<br />
Bedeutung ist, daß die wichtigsten Probleme ausgeklammert, die<br />
wesentlichen Fragen gar nicht erst gestellt werden. So reduziert Hillgruber<br />
den Krieg Deutschlands gegen die UdSSR auf Hitler und<br />
seine Wahnvorstellungen, ohne nach den Interessen deutscher Konzerne<br />
an den Rohstoffen und Arbeitskräften der eroberten Gebiete<br />
und der Genese dieser Kriegsziele (seit 1914) zu fragen. Hattori zeichnet<br />
minuziös die Vorgänge in den politisch-militärischen Führungsgruppen<br />
Japans kurz vor der Kapitulation auf, ohne daß — in diesem<br />
Beitrag oder in einem anderen — etwas über Machtstruktur, sozialen<br />
Charakter und Kriegszielpolitik des damaligen Japan oder über die<br />
Ursachen des Konflikts zwischen Japan und den USA verlautet. Zum<br />
Thema „Widerstand" hat Hillgruber ausgerechnet einen Text von<br />
Ernst Nolte ausgewählt, als ob es zu diesem Problem keine kompetenteren<br />
Autoren gäbe. So kann dieser Band, unter sozialwissenschaftlichen<br />
Kriterien betrachtet, nur als Vorarbeit, als Tatsachenaufbereitung<br />
zu relativ sekundären Problemen betrachtet werden —<br />
und selbst das gilt nicht für alle Beiträge.<br />
V.<br />
Zum Problem Politik-Wirtschaft im deutschen <strong>Faschismus</strong> hat<br />
Eberhard Czichon zwei neue Publikationen vorgelegt, die sich mit<br />
demselben Thema befassen: hauptsächlich gestützt auf die in der<br />
DDR lagernden Akten der Deutschen Bank, untersucht Czichon die<br />
Rolle, die Hermann Josef Abs in der deutschen Politik während des<br />
• Hillgruber, Andreas (Hrsg.): Probleme des Zweiten Weltkrieges.<br />
Neue Wissenschaftliche Bibliothek 20. Kiepenheuer und<br />
Witsch, Köln-Berlin 1967 (455 S., kart., 26,— DM).