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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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Vom totalen Staat zur totalen bürgerlichen Gesellschaft ' 327<br />

Konflikt geraten können, muß mit Einzelmaßnahmen — entweder<br />

durch die Führer des exekutivischen Apparates oder durch die Führer<br />

der Wirtschaft — eine gegenseitige Anpassung ermöglicht und die<br />

Entscheidung zwischen divergierenden Zielen wirtschaftlicher oder<br />

bürokratischer Gruppen getroffen werden. Planung im Rahmen der<br />

neuen „Technostruktur", bei Verschmelzung von Staat und Gesellschaft,<br />

umfaßt alle Lebensbereiche menschlicher Tätigkeit, läßt keinen<br />

Raum für Maßnahme und Dezisionismus, sondern kennt nur noch den<br />

Vollzug 14 . Das Festhalten Thalheimers an der Selbständigkeit der<br />

Exekutive unterscheidet seine <strong>Faschismus</strong>theorie von der bekannten<br />

Interpretation des XIII. Plenums des Exekutivkomitees der Kommunistischen<br />

Internationale und von der Dimitroffs, wonach der <strong>Faschismus</strong><br />

„die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten,<br />

chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals"<br />

15 ist. Die Absonderung des Staates bezeichnet im Gegenteil<br />

den Tatbestand, daß das Finanzkapital nicht offen und unmittelbar<br />

mit Hilfe des willenlosen Werkzeugs Exekutive herrscht, sondern sich<br />

einen partiell verselbständigten Staatsapparat schafft, der auf Grund<br />

dieser relativen Verselbständigung die Funktion übernehmen kann,<br />

Gemeinschaftsideologien zu produzieren und mit dem Schein von<br />

Richtigkeit zu bekleiden, die dem kapitalistischen System die Zustimmung<br />

der Mittelschichten und sogar von Teilen der Arbeiterklasse<br />

sichern, und der in der Lage ist, widersprüchliche Interessen der einzelnen<br />

wirtschaftlichen Gruppen zum Ausgleich zu bringen. Der kommunistischen<br />

<strong>Faschismus</strong>theorie ist aber ungeachtet dieser Einschränkung<br />

zuzugestehen, daß sie das Wesentliche des <strong>Faschismus</strong> zutreffend<br />

beschreibt. Nach dem von Czichon u. a. vorgelegten Material 16 kann<br />

der bestimmende Einfluß von Industrie und Banken bei der Aufrichtung<br />

des Nationalsozialismus und bei der Festlegung der Richtlinien<br />

seiner Politik nicht mehr ernstlich in Abrede gestellt werden. Andererseits<br />

muß auch Czichon zugeben: „Es bleibt unbestritten, daß<br />

gegenüber der Wirtschaft ein politischer Bereich mit relativierter Gesetzmäßigkeit<br />

existiert" 17 . Das Faktum des bestimmenden Einflusses<br />

des am meisten imperialistischen Teils des Kapitals darf deshalb<br />

nicht dazu verführen, die Frage nach den Formen und der Art und<br />

Weise, wie dieser Einfluß sich geltend macht, zu vernachlässigen und<br />

die von Marx und Engels nie bestrittene, vielmehr eingehend unter-<br />

14 Vgl. H. J. Arndt, Die Figur des Plans als Utopie des Bewahrens, in:<br />

Säkularisation und Utopie, Ebracher Studien, Festschrift für E. Forsthoff,<br />

1967, S. 119 ff.<br />

15 Vgl. Pirker, Komintern und <strong>Faschismus</strong> 1920—1940, Dokumente zur<br />

Geschichte und Theorie des <strong>Faschismus</strong>, Schriftenreihe der Vierteljahreshefte<br />

für Zeitgeschichte, Nr. 10, S. 187.<br />

16 Czichon, Der Primat der Industrie im Kartell der nationalsozialistischen<br />

Macht, Das Argument 47, 10. Jg. 1968, H. 3, S. 168 ff.; ders.: Wer<br />

verhalf Hitler zur Macht? Zum Anteil der deutschen Industrie an der<br />

Zerstörung der Weimarer Republik, 1967, jeweüs mit weiteren Nachweisen.<br />

17 Czichon, Das Argument 47, S. 186.

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