Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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Die Ursachen der Studentenbewegung 391<br />
im <strong>Faschismus</strong> die faktische Klassenabhängigkeit von Wissenschaft<br />
zur Abhängigkeit von „Rasse" und „völkischem Lebensganzen" verfälscht<br />
wurde, eine Fiktion, die genau wie die Ideologie von der gesellschaftlichen<br />
Neutralität des Positivismus der Funktionalisierung<br />
der Wissenschaft für die Klasse der Herrschenden dient.<br />
Die dritte Version schließlich sieht studentische Ideologie unter dem<br />
Aspekt der Propaganda für einen ihr äußerlichen Zweck: den gesellschaftlichen<br />
Umsturz bzw. den „Machtwillen der neuen Elite" (Ahlberg,<br />
Scheuch). Der konkrete Nachweis der hier vorausgesetzten Zusammenhanglosigkeit<br />
von Realität und der auf sie gerichteten Kritik<br />
müßte allerdings von einer Kritik der verwendeten Denkweise<br />
und einer schlüssigen alternativen Realitätsinterpretation ausgehen;<br />
zu beidem aber zeigen sich die wenigen, die den Versuch der ideologischen<br />
Auseinandersetzung überhaupt machen, einmütig außerstande.<br />
Die Kritik der Methode, wie sie typisch im Beitrag Watrins „Spätkapitalismus?"<br />
zum Ausdruck kommt 55 , erledigt eigens dazu verfertigte<br />
Pappkameraden (den in starren Geschichtsgesetzen denkenden<br />
materialistischen Determinismus) mit einer ebenso pappenen Rüstung<br />
(hier der Popperschen Marxismuskritik) 58 .<br />
Auch die Kritik auf der Basis einer artikulierten Gegenposition findet<br />
praktisch nicht statt: es gibt keine Gegeninterpretation der sich<br />
verschärfenden Widersprüche in der BRD, der Imperialismustheorie<br />
57 , des Vergeudungs- und Rüstungskapitalismus, der Funktionalisierung<br />
der Wissenschaft etc. Statt dessen findet sich ein wildes Konglomerat<br />
an Injurien, Verkürzungen und tauben Wiederholungen kritisierter<br />
Positionen. Die solcherweise verdrängten konkreten gesellschaftlichen<br />
Widersprüche machen nicht nur die Artikulation einer<br />
schlüssigen Gegenposition unmöglich, sie kehren heimlich wieder als<br />
Projektion des eigenen technokratischen Herrschaftswillens auf studentische<br />
Gruppierungen. Am deutlichsten ist dies bei Scheuch, selbst<br />
Mitglied und eindeutiger Befürworter 58 technokratischer Eliten: er<br />
zitiert Dutschke, der auf die Diskrepanz zwischen dem Anspruch von<br />
Demokratie als einer Herrschaft des Volkes und der faktischen Besetzung<br />
der gesellschaftlichen Schlüsselstellungen durch eine unglaublich<br />
kleine Minderheit hinweist, und kommentiert dies wie folgt: „Herr-<br />
55 in: Scheuch, Wiedertäufer, S. 104 ff.<br />
56 Interessanterweise zieht ein anderer Autor des gleichen Bandes<br />
(Wiedertäufer) von marxistischer Position aus gegen die Leugnung jeglicher<br />
geschichtlicher Notwendigkeit, gegen den „Voluntarismus" der<br />
„Neuen Linken" zu Felde (Klaus Reblin, S. 168 ff.).<br />
57 Ahlberg klammert den konkreten Imperialismus aus und beschränkt<br />
sich darauf, die seit Lenin zweifellos erfolgte Funktionsveränderung des<br />
Staates unter Berufung auf die sozialdemokratische Tradition als seine<br />
tendenzielle Eigentumsneutralität lediglich zu behaupten. Ebenso originell<br />
beweist Ahlberg, der dem studentischen Sozialismus „Epigonenhaftigkeit"<br />
attestiert, die Falschheit der „Klassentheorie" durch den Hinweis auf die<br />
internationale wissenschaftliche <strong>Diskussion</strong> und die faktische Integration<br />
der Arbeiterklasse.<br />
58 Wiedertäufer, S. 109/110.