Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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395<br />
Besprechungen<br />
Philosophie<br />
MacPherson, Crawford B.: Die politische Theorie des Besitzindividualismus.<br />
Von Hobbes bis Locke. Suhrkamp<br />
Verlag, Frankfurt/M. 1967 (346 S., Ln., 28,— DM).<br />
Unter dem Begriff „Besitzindiviualismus" vereinigt MacPherson<br />
vier Studien zu einem zentralen Aspekt in den sozialphilosophischen<br />
Entwürfen von Hobbes, den Levellers, Harrington und Locke, deren<br />
gemeinsamer Ausgangspunkt die Konzeption eines autonomen Individuums<br />
ist. Autonomes politisches Subjekt ist für sie ein über Eigentum<br />
an seiner Person, Arbeitskraft und „materiellen Gütern" verfügendes<br />
Individuum, das, in einer Reihe von Marktbeziehungen zu<br />
anderen autonomen Individuen stehend, sich mit ihnen zu einem<br />
Staatsverband zusammenschließen muß, um Sicherheit und optimale<br />
Bedingungen für die Vermehrung von Eigentum, also „friedliche"<br />
Kapitalakkumulation, zu gewährleisten. Als vollgültige, über politische<br />
Rechte verfügende Individuen kommen nur solche Eigentümer<br />
in Betracht; Differenzen zwischen den Theoretikern bestehen vorwiegend<br />
darin, wo die Grenze zwischen Eigentümern und Nichteigentümern<br />
anzusetzen sei. Innerhalb dieses Rahmens gelangt MacPherson<br />
zu Bewertungen, die häufig von denen traditioneller Literatur<br />
abweichen: entgegen Bernsteins Interpretation der Levellers als Radikaldemokraten<br />
charakterisiert er sie als eigentumsbewußte kleinbürgerliche<br />
Mittelschicht, die für die Bewahrung von Freiheit und Eigentum<br />
ihrer durch die Kapitalakkumulation bedrohten Klasse kämpft.<br />
Locke wird als Apologet der kapitalistischen Appropriation begriffen.<br />
MacPherson analysiert, wie er, vom gleichen Recht aller auf Eigentum<br />
ausgehend, zum Anwalt der kapitalistischen Akkumulation wird,<br />
„darin sehr genau die Ambivalenz des aufsteigenden Bürgertums<br />
(widerspiegelnd), das formale Gleichheit der Rechte forderte, aber substantielle<br />
Ungleichheit der Rechte brauchte" (227). Damit wird auch<br />
Lockes Rolle als Ahnherr des Konstitutionalismus richtiggestellt; er<br />
begreift Macht, wie alle frühliberalen Theoretiker, rein funktional,<br />
ohne moralische Legitimation. Ihre Träger, absoluter Monarch oder<br />
Parlament, können je nach politischer Konstellation wechseln.<br />
Bedauerlich ist, daß die Arbeit, die sich in ihren Ergebnissen durchaus<br />
von der apologetischen Forschung unterscheidet, den methodischen<br />
Ansprüchen materialistischer Analyse nicht genügt. MacPherson<br />
will die durch den historischen Erfahrungshorizont der einzelnen<br />
Autoren determinierten Denkprämissen ermitteln, die für die Theorie<br />
des Besitzindividualismus konstitutiv sind. Dies soll möglich werden