Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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334 Peter Römer<br />
deshalb sehr stark zugespitzt und offenkundig sein, ehe eine Veränderung<br />
der Produktionsverhältnisse konkret verwirklicht werden<br />
kann. Es ist unzweifelhaft, daß dieser Widerspruch in den kapitalistischen<br />
Staaten immer stärker wird (übrigens in Frankreich, trotz planification<br />
noch nicht so groß ist wie in den USA und in der BRD),<br />
weil die Konzentration des Kapitals ständig und in immer beschleunigterem<br />
Maße zunimmt, die „staatliche" Regulierung von Produktion<br />
und Distribution immer größere Bedeutung gewinnt. Fraglich ist<br />
aber, ob dieser Widerspruch auch den von ihm Betroffenen bewußt<br />
wird. Forsthoff und andere Schmittianer beantworten diese Frage,<br />
wie ausgeführt, im Gegensatz zu zahlreichen Linken, dahin, daß die<br />
Gefahr des Konflikts besteht; sie beklagen die „staatsideologische<br />
Unterbilanz", eben weil sie unausgesprochen befürchten, daß dieser<br />
Widerspruch erkannt und deshalb die Forderung auf seine Aufhebung<br />
erhoben wird, ohne daß dieser Forderung entgegengehalten<br />
werden kann, der Staat besorge das Gemeinwohl und der „Wirtschaft"<br />
müsse, in gewissen Grenzen, das Recht gewährt werden, sich<br />
nach ihren eigenen „Gesetzen", denen des Marktes, zu richten.<br />
Manipulation und Ideologie<br />
Forsthoff und Altmann zeigen zwar die „Gefahr" auf und stützen<br />
insoweit nicht die Beschwichtigungsideologie der klassenlosen nivellierten<br />
Mittelstandsgesellschaft. Aber die reale Ursache der „Gefahr"<br />
können sie, ohne ihren Standpunkt aufzugeben, nicht benennen. Altmann<br />
betont vielmehr, entgegen dem geradezu überwältigenden<br />
Augenschein, der Verlust an Staatlichkeit sei kein Sieg der Wirtschaft<br />
oder wirtschaftlicher Interessen, sondern die Durchsetzung technologischer<br />
Methoden, „abgestützt durch Ökonometrie und Verhaltensforschung"<br />
29 . Und auch Forsthoff behauptet, die „soziale Ausgeglichenheit"<br />
habe ihren wirksamsten Verteidiger in der Arbeiterschaft.<br />
Es lohnt kaum die Mühe, darauf hinzuweisen, daß bei zunehmender<br />
Konzentration der Produktionsmittel in den Händen einer winzigen<br />
Schicht von sozialer Ausgeglichenheit schlechterdings nicht die Rede<br />
sein kann. Andererseits ist aber die Feststellung, daß bei den Arbeitern<br />
in der BRD keine revolutionäre Stimmung herrsche, nicht unrichtig.<br />
Woher also die „Elemente des Katastrophalen in der Dynamik<br />
von Wirtschaft und Gesellschaft" kommen sollen, bleibt bei Altmann<br />
unerklärt. Als bedeutsam ist nur festzustellen, daß die Schmittianer<br />
von Altmann bis Werner Weber der Stabilität der zur neuen Technostruktur<br />
zusammengewachsenen Einheit von Staat und Gesellschaft<br />
im Rahmen des Kapitalismus nicht trauen und dem starken, autoritären<br />
Staat nachtrauern. Und dies, so ist zu ergänzen, wegen des immer<br />
offenkundiger werdenden kapitalistischen Grundwiderspruchs<br />
von ihrem Standpunkt aus zu Recht.<br />
Der Einwand, dieser Widerspruch ließe sich trotz seiner objektiven<br />
Zuspitzung der Arbeiterschaft nicht mehr vermitteln, greift nicht<br />
29 Altmann, Merkur, 1968, S. 9.