Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...
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Philosophie 403<br />
Entwicklung Englands im 17. Jahrhundert noch die Stellung der<br />
Lockeschen Sozialphilosophie zu erfassen vermögen.<br />
Bezeichnend ist, daß die englische Revolution, die die Durchsetzung<br />
des Kapitalverhältnisses in ganz England und in allen Sphären der<br />
gesellschaftlichen Reproduktion erst ermöglichte und so die Voraussetzung<br />
für die Lockesche Konzeption der Herrschaft oligarchischer<br />
Parlamente schuf, bei Euchner nur als die „Wirren des Bürgerkrieges"<br />
(200, 205, 218) erscheint, die das „wirtschaftliche Leben" gelähmt<br />
hätten und unter deren Eindruck Locke daher in seinen Jugendschriften<br />
zu etatistischen Fassungen des Staatszwecks und zur Zubilligung<br />
unbegrenzter Vollmachten an die Staatsgewalt gekommen sei. Die<br />
gloriose Revolution von 1688 jedoch, in der nach Fraktionskämpfen<br />
innerhalb der Kapitalistenklasse die siegreichen Fraktionen des Industrie-,<br />
Handels- und Finanzkapitals die Dynastie auswechselten,<br />
scheint Euchner als wirkliche Revolution zu betrachten: „Der von<br />
Locke gemeinte Träger der Revolution gegen eine willkürliche Obrigkeit<br />
war vielmehr die aufstrebende Klasse der vorwiegend protestantischen<br />
und insbesondere puritanischen Bankiers, Unternehmer<br />
und Kaufleute, deren Sekurität, die unabdingbare Voraussetzung für<br />
das Gedeihen von Handel und Gewerbe, in der Zeit vor der ,Glorious<br />
Revolution' von der Politik der Stuarts ständig gefährdet worden<br />
war" (217 f.). Den verschiedenen Fraktionen des englischen Kapitals<br />
ging es bis 1688 keineswegs nur um Sekurität. Vielmehr gelang es<br />
ihnen während der Großen Revolution, die Krone in blutigen Kämpfen<br />
zur Aufgabe der Praxis des Verkaufs von Monopolen zu zwingen,<br />
die der Kapitalisierung hinderlich waren, während die Opposition<br />
gegen die späten Stuarts (nach 1688) keinen Gegensatz zwischen ver-i<br />
schiedenen Klassen ausdrückt, sondern sich gegen die zoll- und<br />
steuerpolitische Bevorzugung des Agrarkapitals richtete, die 1688<br />
beseitigt wurde. Das Agrarkapital erscheint bei Euchner nur in den<br />
wenigen Bemerkungen zu Lockes Biographie, in denen er erwähnt,<br />
daß Locke im Dienst der „gentry" gestanden habe, die in der Hauptsache<br />
von kapitalistischer Grundrente lebte. Ansonsten bleibt Lockes<br />
Biographie unberücksichtigt. Die Folge ist, daß Euchner kommentarlos<br />
von dem Pathos berichten kann (209), mit dem sich Locke —<br />
immerhin Aufsichtsratsmitglied einer Sklavenhandelsgesellschaft —<br />
gegen die Sklaverei aussprach.<br />
Hanns-Werner Heister und Wolf Kaiser (Berlin)<br />
Sieyês, Emmanuel: Abhandlung über die Privilegien.<br />
Was ist der dritte Stand? Hrsg. v. Rolf Hellmut Foerster.<br />
Sammlung insel Bd. 42, Insel Verlag, Frankfurt/Main 1968<br />
(144 S., Ln., 6,— DM).<br />
Die der feudal-monarchischen Verkümmerung und politischen Unfähigkeit<br />
von seiten der praktisch gewordenen Aufklärungsbewegung<br />
entgegengehaltene Spannkraft der Bourgeoisie zum utopischen<br />
Entwurf, zur Anstrengung der Theorie der Gesellschaft, die „um der