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Faschismus-Theorien (VI) / Diskussion - Berliner Institut für kritische ...

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282 Reinhard Opitz<br />

gien der Oberklassen auch dann aufrechtzuerhalten, wenn dieses<br />

System in eine Krise geraten ist und die Massen sich dagegen wenden<br />

oder zu wenden drohen" (148). Mit der Hineinnahme dieses scheinbaren<br />

Widerspruchs in eine Definition, deren unausgesprochener<br />

Angelpunkt die Behauptung eines Funktionswandels oder einer sozialen<br />

Konversion des <strong>Faschismus</strong> in der Phase seines Überganges<br />

zur Macht ist, hat sich Kühnl wahrscheinlich am meisten der Entschleierung<br />

des rätselhaften gesellschaftlichen Gesetzes genähert,<br />

dem der von der Linken so oft als irritierend empfundene Umstand<br />

zu verdanken ist, daß sich der <strong>Faschismus</strong>, wo immer er zur Macht<br />

gelangt, eindeutig als terroristischer Vollstrecker der sozialen Interessen<br />

des Monopolkapitals identifizieren läßt, gleichwohl aber bis zur<br />

Machtübernahme ein nicht abzuleugnendes Rivalitätsverhältnis zwischen<br />

der faschistischen Partei und den monopolkapitalistisch orientierten<br />

bürgerlichen Parteien besteht, auch die Sympathien der führenden<br />

Wirtschaftskreise für die faschistische Bewegung zumindest<br />

in deren Frühphase keineswegs so klar zutage liegen und zu belegen<br />

sind wie umgekehrt deren Bemühen, eine der mittelständischen Mentalität<br />

entsprechende, gleichzeitig gegen Sozialismus und Großkapital<br />

gerichtete Position zu propagieren, und daß überdies der Augenblick<br />

der offenen Konversion auf die Seite des Großkapitals stets in die<br />

Phase der größten innenpolitischen Ohnmacht des Großkapitals fällt<br />

— wenn es nämlich selbst über keine Massenbasis mehr verfügt —,<br />

die faschistischen Parteien (nämlich alle) also gerade in dem Augenblick<br />

(und zwar regelmäßig) ihr mittelständisch akzentuiertes Protestprogramm<br />

fallenlassen, in dem seiner Verwirklichung, von den<br />

Machtvoraussetzungen her, kein ersichtliches Hindernis mehr im<br />

Wege steht. Für diesen Umschlagsvorgang, der der wichtigste Punkt<br />

der gesamten gegenwärtigen <strong>Faschismus</strong>debatte sein dürfte, liefert<br />

Kühnl nun allerdings keine befriedigende Erklärung. Aus dem Tatsachenhinweis,<br />

daß bislang jeder faschistischen Machtergreifung die<br />

Liquidation der mittelständischen Programmbestandteile und des<br />

„linken" Parteiflügels folgte, geht noch keineswegs hervor, weshalb<br />

und inwiefern es sich hier um ein Gesetz und nicht etwa nur um eine<br />

zufällige Aufeinanderfolge gleichartiger Vorgänge in Italien und<br />

Deutschland handelt. Aber im Durchstoß zur Erklärung dieses regelmäßig<br />

wiederkehrenden Ereignisverlaufes als eines gesetzmäßigen<br />

liegt augenscheinlich der Schlüssel zur vollen Entschleierung des Verhältnisses<br />

von Monopolkapitalismus und <strong>Faschismus</strong> und damit auch<br />

zu einer erstmals vollgültigen, allen Anforderungen genügenden<br />

<strong>Faschismus</strong>definition.<br />

Daß Kühnl bis dahin nicht vorzudringen vermag, hat seine Ursache<br />

in der etwas starren, genauer gesagt: etwas formalen Begrifflichkeit,<br />

in die er sich schon auf den ersten Seiten des Buches, beim Versuch<br />

nämlich einer Definition der Begriffe rechts und links, einzwängt und<br />

die ihn verständlicherweise daran hindert, am Ende, bei der Gesamtdefinition<br />

des <strong>Faschismus</strong>, in entscheidenden Punkten, in denen<br />

Gesetzmäßigkeiten erfaßt sein müßten, über rein deskriptive Feststellungen<br />

hinauszukommen.

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